Wien - Die mutmaßlichen Hauptverantwortlichen für die AMIS-Affäre, die beiden Firmengründer Harald Loidl und Dietmar Böhmer, wurden gestern, Mittwoch, in Venezuela verhaftet. Die beiden unter dem Verdacht des Betrugs und der Veruntreuung von Anlagegeldern stehenden Manager sollen als Verantwortliche der AMIS-Firmengruppe im Zeitraum von 1992 bis 2005 rund 15.000 Kunden um Beträge im Gesamtausmaß von rund 70 Millionen Euro geschädigt haben.

Die Festnahme der beiden flüchtigen AMIS-Manager Harald Loidl und Dietmar Böhmer gelang Fahndern des Bundeskriminalamts (BK) gemeinsam mit der venezolanischen Polizei in Porlamar auf der Insel Margarita vor der Hauptstadt Caracas, teilte das Bundeskriminalamt am Donnerstag mit. Gegen die beiden wurde Haftbefehl erlassen, ebenso für AMIS-Vorstand Thomas Mitter. Für alle drei Beteiligten gilt die Unschuldsvermutung. Mitter hat sich bereits gestellt, Böhmer und Loidl wurden jetzt in Venezuela verhaftet.

Schneller Erfolg

Die Generalstaatsanwaltschaft in Caracas, Interpol, die nationale Polizei in Venezuela und auch die österreichische Botschaft waren neben den Fahndern in den "schnellen Erfolg" involviert, der zugleich "einen der größten" des BK bedeute, so BK-Sprecher Gerald Hesztera. Bei der Zielfahndung im persönlichen Umfeld der Gesuchten hatten die Beamten Spuren nach Südamerika gefunden, die sich später auf Venezuela fokussierten. Am 24. November waren Fahnder des BK dorthin aufgebrochen.

Der Anwalt der beiden AMIS-Manager hatte vor der Verhaftung um "freies Geleit" für seine Mandanten angesucht. Ob diesem Antrag jetzt statt gegeben werden kann oder wird, ist noch nicht entschieden, scheint aber unwahrscheinlich. Die venezolanische Staatsanwaltschaft verhängte jedenfalls sofort die Auslieferungshaft.

70 Millionen Euro verschwunden

Über das Vermögen von zwei Unternehmen der AMIS-Gruppe - die AMIS Financial Consulting und die AMIS Asset Management Investment Services AG - wurde Anfang November der Konkurs eröffnet. Laut Medienberichten sollen von 135 Mio. Euro Kundengeldern 70 Mio. Euro verschwunden sein. Die Finanzmarktaufsicht (FMA) hat der Staatsanwaltschaft eine Sachverhaltsdarstellung übermittelt, worauf diese eine Voruntersuchung wegen des Verdachtes auf schweren Betrug und Untreue eingeleitet hat.

Aufgrund der Fülle an Anspruchsgegnern und der diffizilen nationalen luxemburgischen, österreichischen und deutschen Rechtslagen, welche zudem noch von europäischem Kapitalmarktrecht überlagert werden, wird der AMIS-Fall als sehr komplex und schwierig eingeschätzt. Derzeit könne man weder die tatsächliche Zahl der Geschädigten noch die Höhe der Passiva beziffern, hieß es nach einer ersten Informationsveranstaltung des KSV Mitte November. Eine Einschätzung über die Höhe der Verbindlichkeiten sei erst bei der Prüfungstagsatzung am 11. Jänner 2006 zu erwarten. (APA)