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EU-Außenkommissarin Benita Ferrero-Waldner äußert sich auch zum Visaskandal.

Foto: AP/Niedringhaus
STANDARD: Die Fortschritte in der postrevolutionären Ukraine sind ja noch bescheiden. Wie sieht es beim Handlungsplan mit der EU aus?

Benita Ferrero-Waldner: Man hat schon ein schönes Stück Weg in diesem Plan zurückgelegt. Die Ukraine hat alle technischen Voraussetzungen für den Marktwirtschaftsstatus erfüllt, sodass wir ihn ankündigen konnten. Wichtig ist auch, dass wir vorige Woche die Gespräche zur Visaerleichterung für Ukrainer und gleichzeitig auch die Gespräche zur Rückübernahme von illegal Eingereisten beginnen konnten. Den Ukrainern ist sehr wichtig, dass ihre Studenten und Geschäftsleute leichter nach Europa kommen können, wobei wir gleichzeitig illegale Einwanderung verhindern müssen.

STANDARD: Ist der revolutionäre Reformschwung noch da?

Ferrero-Waldner: Präsident Juschtschenko selbst hat sich hier äußerst bemüht, er hat uns sehr detailliert über Fortschritte berichtet. Aber in Vorwahlzeiten (Parlamentswahlen im März) sind konkrete Ergebnisse natürlich schwierig.

STANDARD: Parlamentspräsidenten Vladimir Litwin hat eben erst wieder eingeworfen, dass die Ukraine aufgrund ihrer Anstrengungen ein klareres Signal der EU verdiente. Wurde eine Beitrittsperspektive beim Gipfel angedeutet?

Ferrero-Waldner: Die EU hat bekanntlich die Nachbarschaftspolitik, innerhalb der die Ukraine sicher mit einem besonderen Status verankert ist, einem Avantgarde-Status, würde ich sagen. Wir haben dieses Zehnpunkte-Programm unterzeichnet, damit die Ukraine vorangehen kann. Aber von Mitgliedschaft ist darin nicht die Rede. An der Ukraine liegt es, durch Reformschritte immer näher an die EU heranzukommen.

STANDARD: Der jetzt publik gewordene Visaskandal im österreichischen Konsulat in Kiew fällt in Ihre Zeit als Außenministerin. Was hatten Sie während der Jahre davon bemerkt?

Ferrero-Waldner: Wir haben immer wieder die Vorwürfe, die wir gehört haben, sofort untersuchen lassen. Und es gab auch einen eigenen Beamten des Innenministeriums, der in die österreichische Botschaft in der Ukraine gesetzt wurde, damit er allfällige Unregelmäßigkeiten aufklärt. Das ist ihm zu meiner Zeit nicht gelungen. Wenn Unregelmäßigkeiten waren, dann werden sie jetzt im Zuge dieses Gesamtverfahrens hoffentlich aufgedeckt und die Verantwortlichen bestraft.

STANDARD: Nach den zur Verfügung stehenden Informationen hatte dieser Verbindungsmann ja schon 2002 einen Verdacht geäußert; die Staatsanwaltschaft in Wien hat das aber als zu dünn erachtet. Der Beamte wurde dann abgezogen.

Ferrero-Waldner: Wir sind ja nicht die untersuchende Behörde; die Staatsanwaltschaft war eben auch eingeschaltet, und es liegt in einem Rechtsstaat an ihr zu entscheiden, ob Anklage erhoben wird. Also dafür können Sie wohl weder das Außenministerium noch die frühere Außenministerin verantwortlich machen.

STANDARD: Könnte der Skandal Folgen für die Verhandlungen über EU-Visaerleichterungen für die Ukraine haben?

Ferrero-Waldner: Das kann ich absolut ausschließen. (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 2.12.2005)