Lebensqualität für Ochsen: Sie sind mindestens ein halbes Jahr auf der Alm, im Stall werden sie nicht angebunden - und die Hörner bleiben auf dem Schädel.

Foto: Dieter Brasch
Wien - "Für uns ist das ein großer und mutiger Schritt", ist sich Andreas Sax, Geschäftsführer der Tierschutzorganisation "Vier Pfoten" wohl bewusst. Und er kann sich vermutlich schon für die erste Welle der veganen Empörung wappnen. "Aber es ist ein ehrlicher Schritt", betont Sax. "Ich bin schon gespannt auf die Diskussionen in der nächsten Zeit."

Es ist das erste Mal in der Geschichte dieser Tierschutzorganisation, dass sie erklärt: Wenn man schon Fleisch isst, dann sei dasjenige eines bestimmten Herstellers durchaus okay. Leicht hat man sich's nicht gemacht - zwei Jahre lang ist diese Partnerschaft vorbereitet worden.

Es sind die "Almo-Ochsen" des steirischen Produzenten Schirnhofer, die nun als "Vorzeigemodell einer tierschutzgerechten Landwirtschaft" dienen sollen. Die Partnerschaft mit Vier Pfoten und die wissenschaftliche Begleitung durch die Universität für Bodenkultur sollen dabei garantieren, dass es den Ochsen bei den "Almo"-Bauern schlicht und einfach saugut ging. Karl Schirnhofer tut dies in der Überzeugung, "dass Fleisch von Tieren, die unter tierschutzgerechten Bedingungen aufgewachsen sind, eine höhere Qualität hat".

Halbes Jahr Alm

Die wichtigsten Rahmenbedingungen: "Es gibt keine Hochzuchtrassen, sondern nur regionale Rassen, die in unserem Klima zurechtkommen", erläutert Andreas Sax. Die Ochsen sind im Sommer auf der Alm, ein halbes Jahr freier Auslauf ist garantiert. Überdies werden sie garantiert gentechnikfrei gefüttert. Und im Stall "gibt es keine Anbindehaltung, sondern eine Stallhaltung, die artgerechte Bewegungsabläufe und Sozialkontakte ermöglicht."

Ein weiterer Punkt: Die Hörner dieser Rinder bleiben auf den Schädeln, "sie sind Teil des Tieres und helfen auch mit, dass Rangordnungskämpfe unterdrückt werden". Eingriffe an den Ochsen dürfen nur von Tierärzten und mit Lokalanästhesie durchgeführt werden.

Dazu kommt noch eine Kontrollkette bis zum Schluss - dann soll der Schlachtprozess "so kurz und schmerzlos wie nur irgendmöglich" durchgeführt werden, und zwar beim nächsten lokalen Schlachthof, um unnötige, quälende Tiertransporte zu vermeiden.

Darüber hinaus soll diese Partnerschaft allerdings auch so etwas wie ein österreichinternes Fair-Trade-Siegel sein. "Das Projekt ist auch wirtschaftlich relevant", erläutert Sax. "Viele der Bauern leben von der Ochsenhaltung und müssten sonst ihren Betrieb aufgeben."

Sonntagsschnitzel

Das Fleisch koste nun zwar ein wenig mehr, "aber das hat den Vorteil, dass Schirnhofer das auch an die Bauern zurückgibt. Er zahlt ihnen mehr, aber dafür müssen sie auch qualitative Leistungen erbringen. Andernfalls würde auch irgendwann der Preisdruck durch die ausländische Konkurrenz zu hoch." Das alles steht und fällt natürlich mit den Konsumenten: "Sie müssen bereit sein, für Qualität mehr zu zahlen. Unser Ziel ist das Sonntagsschnitzel, das geschätzt wird und das man sich leistet, weil man unter der Woche wieder weniger Fleisch isst", so Sax.

Ein Ziel von Vier Pfoten noch zum Stichwort "sauwohl": "Als Nächstes ist bei unserem Projekt die Schweinehaltung dran." (Roman David-Freihsl, DER STANDARD - Printausgabe, 2. Dezember 2005)