Eine Schlagzeile der "Bild"-Zeitung lässt in
Deutschland die Gemüter hochgehen. "Wird sie geköpft?" fragte das
Boulevardblatt am Mittwoch unter dem Foto der im Irak entführten
Deutschen Susanne Osthoff. Seitdem hagelt es Proteste:
"Zeit"-Herausgeber und Ex-Kulturstaatsminister Michael Naumann
forderte in einer online veröffentlichten Polemik "Schluss mit diesen
Schweinephantasien", die Kirche übte harsche Kritik, der deutsche
Presserat verzeichnete bereits die ersten Beschwerden. Beim
Springer-Konzern, zu dem "Bild" gehört, versteht man die Aufregung
nicht.
"Sprache der Wahrheit"
Man wolle doch bloß "mit der Sprache der Wahrheit diesen
abscheulichen und widerlichen Akt des Terrors, nämlich einen
angekündigten Mord, deutlich beim Namen nennen", zitieren deutsche
Zeitungen die Springer-Stellungnahme. Naumann konstatierte dagegen
"Ruchlosigkeit" und greift "Bild"-Chefredakteur Kai Diekmann an:
"Hätte er eine Spur von Anstand, würde er seinen Namen ändern und
eine neue Karriere versuchen, irgendwo, anderswo (...)".
Dass sich Diekmann "zum Herrn über Leben und Tod macht, ist eine
neue Qualität", so das scharfe Urteil des Autors und Satirikers
Wiglaf Droste in der "taz". "Er spielt mit dem Leben einer Geisel.
Ihm in den Arm zu fallen, wäre kein Akt der Zensur. Im Gegenteil:
Erst ein Land, in dem solche Schlagzeilen und Titelseiten untersagt
sind, hätte ein Recht, zivilisiert genannt zu werden."
Presserat prüft
Der Presserat will nun jedenfalls prüfen, ob der Ehrenkodex der
Presse verletzt wurde. Die "Financial Times Deutschland" vertrat am
Freitag die Ansicht, "dass 'Bild' für Springer zum Problem werden
kann". Schließlich stehe der Konzern derzeit ohnehin im Zentrum
kritischer Medienbeobachtung, da er mit dem TV-Konzern ProSiebenSat.1
fusionieren will. Eine mediale Elefantenhochzeit, die von deutschen
Kartellbehörden und Medienwächtern gleichermaßen skeptisch beäugt
wird. (APA)