Bei der Präsentation einer neuesten Computerspiel-Sensation im Wiener Museum für Angewandte Kunst jedenfalls, nennen wir sie umgangssprachlich: "Xbox 360 Launch-Event!", kamen vor deswegen an die Bildschirme gefesseltem Fachpublikum nicht nur die gastronomischen Verlockungen zu kurz. Gibt es etwas Traurigeres als die Augen eines Koches, von dem niemand ein zähes Wiener Hühner- oder Hühner-Wienerschnitzel will?
Auch eine von Telekommunikations- und Unterhaltungselektronik-Konzernen heutzutage obligat für solche Veranstaltungen zwecks noch drastischerer Erhöhung des Coolness-Faktors eingekaufte, bei der Weltjugend nicht nur wegen ihrer Lautstärke geradezu schreiend angesagte Rockmusikband vermochte nur wenig Aufsehen zu erregen. Und wenn doch, dann animierte sie unter dem Motto "Etwas Besseres als den Tod finden wir dort allemal!" zur erneuten Flucht an die Konsole.
Dabei sind Eddie Argos und seine Londoner Partie Art Brut derzeit so ziemlich die beste Partyband, die man sich unter regulären Spielbedingungen vorstellen könnte. Der sympathische Biertrinker mit dem dazugehörigen Fischbäuchlein führt auf dem heurigen Debütalbum Bang Bang Rock & Roll wie auch unbeeindruckt von den äußeren Umständen live in der Mitte zwischen Pub- und Punkrock vor, was die zeitlose Kraft von Rock'n'Roll ausmacht:
Rebellion bei gleichzeitigem Systemerhalt. Verweigerung als Kaufanreiz. Das, bitte, funktioniert seit ewig - und es klingt, in jeder musikalischen Generation wieder neu erfunden, selbstverständlich noch immer fantastisch.
Im Hintergrund strampft sich die vierköpfige Begleitband also hübsch gelangweilt und wegen der heutigen Umstände noch einmal extra angewidert dreinblickend durch einfach gestrickte Hadern wie Formed A Band oder die Impotenz-Hymne Rusted Guns Of Milan. Und vorne und zwischendurch auch mitten im eher sehr ausweichenden Publikum deklamiert der begnadete Zyniker Eddie Argos mit zartem Cockneyakzent und im an einen gut gelaunten Mark E. Smith von den altehrwürdigen britischen Punk-Nihilisten The Fall erinnernden Sprechgesang darüber, dass er Computerspiele eigentlich abgrundtief hasst.
Der gute Junge! Das musste kommen! Man ist denen wegen viel Geld schließlich nicht nur einen Auftritt schuldig, sondern sich selbst auch noch etwas. Restwürde und so. Ein altes Showbiz-Motto lautet: Ja, ich habe es getan - aber alle haben gesehen, dass ich es nicht gern getan habe!