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Oppositionschef und Hobbyfußballer Viktor Orbán gewann Lothar Matthäus für einen umstrittenen Wahlkampfaufritt.
Auf einer Versammlung von Fidelitas, des Jugendverbands von Orbáns Partei Fidesz, sprach Matthäus zwar nicht über Politik, sondern über die Chancen des seit einem halben Jahrhundert chronisch darniederliegenden ungarischen Fußballbetriebs. Doch reihte er sich damit in die Schar von Künstlern und Sportlern ein, die traditionell bei Orbáns Massenveranstaltungen sozusagen im Aufwärmprogramm als Talk-Gäste mitmischen.
"Große Dinge"
Der Nationalist und frühere aktive Fußballspieler Orbán, sportlich in Jeans und Pullover mit Lederbesatz an den Schultern, heizte der Parteijugend martialisch ein: "Ich spüre den Geruch von Schießpulver, ich spüre, dass etwas in der Luft liegt. Glaubt mir, große Dinge bahnen sich an."
Was Matthäus jetzt plötzlich in die ungarische Politik zieht, noch dazu zu den Nationalisten, wirkt rätselhaft. Zunächst kann man die Suche nach Nähe zu den potenziell künftig Mächtigen als Signal deuten, dass sich der Franke, der gelegentlich als Coach für andere europäische Klubs gehandelt wird (und ein unrühmliches Wiener Gastspiel bei Rapid hinter sich hat), tatsächlich dauerhaft in Ungarn niederlassen wolle.
Der 44-Jährige lebt nach eigenem Bekunden mit seiner neuen, serbischen Ehefrau Marijana und sechs Kindern - drei eigenen und drei aus Marijanas früherer Ehe - sehr gerne in Budapest. Obwohl er mehrfach die mühsame Zusammenarbeit mit den Fußballspielern und Funktionären beklagt hat, wartet der Coach derzeit auf die Verlängerung seines zum Jahresende ablaufenden Vertrags mit dem ungarischen Fußballverband.
Angesichts der Tatsache, dass Ungarns Gesellschaft leidenschaftlich durchpolitisiert ist, scheint es allerdings zweifelhaft, ob Matthäus mit dem Auftritt bei Orbán sich selbst einen Gefallen getan hat. Zwar meint die Sportpresse des Landes überwiegend, zu Matthäus als Teamchef gebe es keine Alternative.
Geteilte Meinungen
Doch im Verband ist man dem Vernehmen nach über die Vertragsverlängerung geteilter Meinung. Einerseits aus Kostengründen, andererseits weil Matthäus in seiner kurzen Amtszeit keine Wunder bewirkt hat, was wiederum für Profis verständlich ist.
Eine Entscheidung solle kurz vor Weihnachten fallen, hieß es. Die Statuten des ungarischen Fußballverbandes verbieten eine politische Betätigung ihrer Mitglieder.