Bild nicht mehr verfügbar.

Walter Seledec

Foto: APA/Gindl
Fast wäre die Sitzungsperiode des ORF-Publikumsrates Montag rührselig ausgeklungen zwischen Erreichtem und Wünschen. Hätte nicht ÖGB-Vertreter Willi Mernyi ORF-Chefredakteur Walter Seledec aufs Tapet gebracht.

Notar Georg Weißmann steht nicht nur dem Publikumsrat vor. Sondern auch jener ORF-internen Kommission, die Seledec Auftritt beim Gedenken an einen NS-Fliegeroffizier "dienstrechtlich" prüft. Kurz zuvor hatte der ORF-Chefredakteur eine Traueranzeige der FPÖ mit unterzeichnet.

Die Kommission tagte noch nach der Sitzung des Publikumsrates, Weißmann verwies auf darüber vereinbartes "Stillschweigen". Für ihn klang deren Ergebnis aber schon klar: "Ich mache aus Herrn Seledec mit Sicherheit keinen Märtyrer für die rechte Szene, wenn er nicht etwas angestellt hat." Weißmann will da "die Kirche im Dorf lassen", er "sehe nicht die riesige Gefahr". Und er mag nicht "rechtsstaatliche Grundsätze zugunsten einer Propaganda verletzen". Deutet nicht auf ernste Konsequenzen für den ORF-Chefredakteur hin. Die Entscheidung darüber kann die Kommission ORF-Generalin Monika Lindner aber nicht abnehmen.

"Würschtel", "Arschlecker"

Nun holt Schauspieler Fritz Muliar in der Sitzung des Publikumsrats aus: "Seledec ist ein Würschtel." Und: "Der größte Skandal ist, dass er General des österreichischen Bundesheeres ist." Seledec ist Brigardier. Muliar nennt ihn wörtlich einen "Arschlecker der damaligen Zeit". Sein Schluss: ORF-Chefredakteur Seledec "muss weg, das ist klar, mit einer Begründung".

Weißmann erklärt überraschend, er "teile jedes Wort", er habe es "nicht so schön sagen können wie der Professor Muliar", bittet aber, "Arschlecker" aus dem Protokoll zu streichen. Dagegen "protestiert" Peter Karner, der die Evangelische Kirche im Publikumsrat vertritt. Karner spricht von einer "äußerst zutreffenden Bezeichnung für ein Charakterschwein. Wenn er das ist, ist er das."

DER STANDARD und derStandard.at distanzieren sich von den Beschimpfungen. (Harald Fidler/DER STANDARD; Printausgabe, 6.12.2005)

Strache sieht "völlig unwürdige Menschenhatz"

FPÖ-Bundesparteiobmann Heinz-Christian Strache hat am Montag die "völlig unwürdige Menschenhatz auf den untadeligen ORF-Chefredakteur" Walter Seledec verurteilt. Die Bezeichnungen "Charakterschwein" oder "Würschtl" im Publikumsrat zeugten von "Pol Pot-Manier", einige Mitglieder agierten "wie Rote Khmer", so Strache in einer Aussendung.

Der ORF nehme durch diese Entwicklung "massiven Schaden", kritisierte er weiter. Die Herrschaften Muliar und Karner seien "offensichtlich das Opfer eines politischen Tollwutanfalles geworden". Auch Georg Weißmann, den Vorsitzenden des Publikumsrats sowie der internen Seledec-Kommission, griff Strache an: Dieser habe sich "völlig disqualifiziert", da er der "Hatz offensichtlich freien Lauf gelassen" habe. Strache zeigte sich überzeugt, dass die Angelegenheit ein "Nachspiel" haben müsse. (APA)