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Die Konferenz der Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder warnte in Kiel, Deutschland, davor, die Schwelle zum digitalen Überwachungsstaat zu überschreiten.

Bild: apa/dpa/Peer Grimm
Die deutschen Datenschutzbeauftragten werfen den EU-Justizministern einen verfassungswidrigen Eingriff in das Telekommunikationsgeheimnis vor. Die Konferenz der Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder warnte in Kiel davor, die Schwelle zum digitalen Überwachungsstaat zu überschreiten. Die Justizminister hatten sich am vergangenen Wochenende in Brüssel darauf geeinigt , dass alle Handy- und Internetverbindungen sowie E-Mail-Kontakte mindestens sechs Monate lang gespeichert werden müssen.

Grundrechtliche Verrohung

"Es ist erschreckend, welche grundrechtliche Verrohung bei den europäischen Justizministern festzustellen ist", sagte Thilo Weichert, Leiter des Unabhängigen Landeszentrums für Datenschutz Schleswig-Holstein (ULD), das derzeit den Vorsitz der Konferenz der Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder hat. Das Grundgesetz verbiete es, Menschen ohne Anlass bei ihren alltäglichen Verrichtungen staatlich zu überwachen und zu kontrollieren. Genau dies geschehe aber, wenn über Monate hinweg minutiös nachvollzogen werden könne, wer wo das Internet genutzt habe, wer wann mit wem per Telefon, Handy oder E-Mail kommuniziert habe, wer wann welche Online-Dienste in Anspruch genommen habe.

"Büchse der Pandora"

Die Justizminister seien dabei, die "Büchse der Pandora" zu öffnen, sagte Weichert. Der in Brüssel gefeierte Kompromiss, dass bei der auf Vorrat vorgenommenen Telekommunikationsüberwachung keine Inhalte und keine Bewegungsprofile erstellt werden sollen, sei keine Rettung der Bürgerrechte. "Was hier als Kompromiss verkauft wird, ist das Nachgeben gegenüber maßlosen Überwachungsforderungen von Sicherheitsbehörden", kritisierte Weichert.

Der Datenschutzbeauftragte bedauerte, dass den nationalen Parlamenten kein gesetzgeberischer Spielraum eingeräumt werde. Vorschläge von Datenschützern, die übermäßig teure grundrechtszerstörende Vorratsdatenspeicherung zu vermeiden und dennoch den Strafverfolgungsbedürfnissen zu entsprechen, habe man erst gar nicht ernsthaft erörtert. "Wir erwarten, dass das Europaparlament, der Bundestag und die Verfassungsgerichte in Europa dafür sorgen, dass diese Büchse verschlossen bleibt", sagte Weichert. (Apa)