Starokonjuschennyj Pereulok: In dieser Straße findet man die österreichische Botschaft in Moskau.

Foto: Standard/Steiner
Vor knapp einem Jahr löste ein Standard -Bericht einige Aufregung aus. Wie damals berichtet, schafft das österreichische Konsulat in Moskau aufgrund räumlicher und personeller Kapazitätsgrenzen die Bearbeitung der wachsenden Schwemme von Visaanträgen nur schwer. Gerade in der Wintersaison stehen Menschen in eisiger Kälte Schlange, bereits nach Mitternacht suchen Antragssteller eine günstige Ausgangsposition vorm Gebäude.

Österreichische Unternehmer fürchten um das Image bei russischen Geschäftspartnern, die Österreichwerbung um das bei den zahlungskräftigen Touristen.

70.000 Visa

"Das Problem wurde erkannt und angegangen", bestätigt Johann Kausl, Österreichs Handelsdelegierter in Moskau. Tatsächlich stockte das Außenamt in den Stoßzeiten personell auf und hat die Öffnungszeiten ausgeweitet. Damit habe man bis dato Klagen hintanhalten können, erklärt der Vizebotschafter in Moskau Andreas Liebmann: "Wir müssen noch abwarten, wie die Saison verläuft. Schon in ruhigen Zeiten hatten wir zehn Prozent mehr Visaanträge, geschweige denn in der Hochsaison". Ergibt deutlich über 70.000 Visa in Moskau dieses Jahr, allein im Dezember werden es täglich 800 sein.

Das Konsulat in Moskau sucht seit Jahren nach Expansionsmöglichkeiten. Auch jetzt ziehen sich die Mietverhandlungen hin, da die russische Seite keine Garantien für einen zeitgerechten Umbau bis nächsten Winter geben will. "Ich sehe dafür eher schwarz", meint Liebmann, gibt sich aber "optimistisch", dass man "allerspätestens übernächstes Jahr" soweit ist.

Inzwischen muss sich die Tourismusbranche gedulden. Sie hat in ihrem Osteuropaengagement vor allem den russischen Gast ins Auge gefasst, gilt er doch als anspruchsvoll und gibt in seinem Urlaub mit gut 100 Euro täglich weit mehr aus als andere. Russland zählt zum Top-Hoffnungsmarkt.

Dass die Kapazitätsprobleme bei der Visaausstellung bereits wirtschaftlichen Schaden gebracht haben, wollte man in der Österreichwerbung in Moskau nicht bestätigen. Nicht so sicher ist sich der Handelsdelegierte: So würden neue Reisebüros seit einem Jahr nicht mehr in die Liste der akkreditierten Reisebüros aufgenommen, womit sie keine Sammelanträge für Kunden abgeben können: "Das behindert das Tourismusgeschäft."

Schuld daran sei das Konzept des Schengenvisums, das durch seine nationalstaatlichen Ausgabevarianten das "Visashopping" hervorrufe, und die österreichischen Politik, die keine bilateralen Visaerleichterungen für Studenten und Unternehmer mit Russland ausverhandelt habe: "Die Wirtschaftskammer hat darauf gedrängt, das hätte auch die Konsulate entlastet." Österreich hofft auf eine EU-Entscheidung 2006. (DER STANDARD, Printausgabe, 7.12.2005)