Bild nicht mehr verfügbar.

Derzeit sieht das Gesetz vor, dass bei gefährlicher Drohung in der Familie nur bei einer "Ermächtigung durch das Opfer" eine Strafverfolgung eingeleitet wird.

Foto: apa/Techt
Am Montag erschoss Nuri A. in Wien seine zweijährige Tochter und anschließend sich selbst. Eine Woche zuvor tötete in Linz der in Scheidung lebende Ehemann vor der Haustür seine Frau. Schon seit Jahren fürchteten sich die beiden Opfer vor den Gewaltausbrüchen ihrer Partner und waren aus dem Grund vor ihnen geflohen. Dennoch konnten in beiden Fällen Bluttaten nicht verhindert werden. Der gesetzliche Opferschutz reiche nicht aus, meinen die Interventionsstellen für Gewalt in der Familien.

Vor allem eines müsse sich ändern: Es darf nicht so viele Verfahrenseinstellungen geben. In vielen Fällen kommt es gar nicht einmal zum Prozess, weil das Opfer aus Angst die Anzeige zurückziehe, berichtet Maria Schwarz-Schlöglmann, Leiterin der oberösterreichischen Interventionsstelle gegen Gewalt in der Familie. Deshalb soll der Straftatbestand "gefährliche Drohung" ausnahmslos ein Offizialdelikt werden, kündigt das Büro von Justizministerin Karin Gastinger an. Der Gesetzentwurf sei bereits in Begutachtung, mit 1. Juli 2006 soll es in Kraft treten.

Keine Ermächtigung

Derzeit sieht das Gesetz vor, dass bei gefährlicher Drohung in der Familie nur bei einer "Ermächtigung durch das Opfer" eine Strafverfolgung eingeleitet wird. Diese Ermächtigung soll wegfallen. Die Staatsanwaltschaft leite dann wie in allen anderen Verdachtsfällen der gefährlichen Drohung von sich aus die Ermittlungen ein.

Bereits mit 1. Jänner 2006 treten drei Verbesserungen in der Strafprozessordnung in Kraft. Opfer und Opferhilfe- Einrichtungen müssen vom Gericht bei einer Freilassung des beschuldigten Täters informiert werden. Außerdem haben die Opfer Anspruch auf psychosoziale und juristische Prozessbegleitung. Weiters soll ihm im Verfahren eine "würdevolle Behandlung" zugesichert werden. Das klinge so selbstverständlich, sei es aber in der Praxis nicht, erläutert Schwarz-Schlöglmann: "Das Opfer ist im Strafverfahren nur ein Zeuge im Dienste der Wahrheitsfindung."

Opferschutz bedeute für sie auch noch, mit den "Tätern zu arbeiten". Derzeit werde der Schläger, sollte er festgenommen oder verurteilt werden, lediglich weggesperrt. Sachverständige erstellen im Gefängnis keine Gefährlichkeitsprognose und/oder kontaktieren Kriseninterventionsstellen, sagt Schwarz-Schlöglmann. Im Linzer Mordfall habe sich gezeigt, was passieren dann kann. Kaum war der Mann wieder auf freiem Fuß, brachte er seine Frau um. (DER STANDARD-Printausgabe 07.12.2005)