Geschlechterpolitik
Lieber mehr Schulden, als auf das Karenzgeld für alle zu verzichten
Grüne kritisieren "ungedeckten Scheck"
Wien - Obwohl Österreichs Neuverschuldung in Brüssel
auf Kritik stößt, würde sich die
Regierung nicht scheuen, ab
2002 mehr Schulden zu machen,
um allen Müttern und
Vätern zwei bzw. drei Jahre
lang Karenzgeld zu zahlen.
„Es ist dafür gesorgt, dass
genug Geld für den Kinderbetreuungsscheck
da ist, auch
wenn der Überschuss im
Familienlastenausgleichsfonds
(Flaf) nicht reichen sollte“,
sagte eine Pressesprecherin
von Generationenministerin
Elisabeth Sickl (FPÖ) auf
Standard
-Anfrage. Sie beruft
sich dabei auf eine Abmachung
mit Finanzminister
Karl-Heinz Grasser, der sich
allerdings persönlich schon
öfter gegen Kinderbetreuungsgeld
für „Reiche“ ausgesprochen
hatte.
Bisher gingen alle davon
aus, dass im Flaf genug Geld
da sein wird, um auch die zusätzlichen
Kosten des Kinderbetreuungsgeldes
zu übernehmen.
Im Sickl-Büro hält
man an dieser Prognose auch
weiterhin fest.
Gelder aus Flaf reichen einfach nicht
Doch dem Sozialsprecher
der Grünen, Karl Öllinger,
sind nach Vorliegen der jüngsten
Regierungszahlen massive
Zweifel gekommen: „Wenn
sich beim Karenzgeld nichts
ändert, würde der Flaf laut Regierung im Jahr 2002 einen
Überschuss von 7,3 Mrd. S
haben. Das Karenzgeld für alle
verursacht dem Flaf aber
Mehrkosten von mindestens
acht Mrd. Schilling. Dieser
Scheck ist also nicht gedeckt.“
Denn der Flaf müsse ja nicht
nur die Erhöhung (auf 6250 S),
Verlängerung (auf zwei bzw.
drei Jahre) und Ausweitung
(auf Menschen, die es bisher
nicht bekamen) des Karenz
geldes bezahlen, sondern
auch jene gut 2,5 Mrd. S über
nehmen, die bisher das Ar
beitsmarktservice beigesteuert
hat.
AK bestätigt Grüne
Ingrid Moritz, Chefin der
Frauenabteilung in der Arbeiterkammer,
argumentiert
ähnlich wie Öllinger, fügt
aber als größten budgetpolitischen
Kritikpunkt hinzu: „Die
Gelder des Flaf reichen auf gar
keinen Fall aus, ab dem Jahr
2002 die Pensionsansprüche
der Mütter und Väter zu bedecken“
- nur heuer und im
nächsten Jahr würden Flaf-
Gelder für die in der Karenz
entstehenden Pensionsansprüche
herangezogen.
Bekanntlich plant die Regierung,
Kindererziehungszeiten
pensionsmäßig aufzuwerten.
In ihrer Expertise
pochten die Pensionsexperten
aber darauf, dass dafür entsprechende
Beiträge (vom
Flaf?) eingezahlt werden
müssten.
Lydia Ninz