Chefanklägerin des UN-Tribunals für Kriegsverbrechen im ehemaligen Jugoslawien, Carla Del Ponte.
Zagreb/Brüssel - Nachdem er vom UN-Kriegsverbrechertribunal in Den Haag im Jahr 2001 angeklagt worden war, verwies die kroatische Regierung darauf, sie könne seiner nicht habhaft werden. Lange Krisensitzungen folgten. Im Fall des Ex-Generals Gotovina ging es um nichts weniger als die Kriegsvergangenheit Kroatiens - insbesondere um die Rückeroberung der Krajina und die Kriegsverbrechen, die an den Krajina-Serben verübt wurden. Gotovina wurde in der Folge in London, in Südfrankreich, der Schweiz, Afrika und Südamerika vermutet. Des Öfteren meldeten Urlauber, sie hätten ihn auf kroatischen Inseln gesichtet.
Für die Aufnahme von Beitrittsverhandlungen hatte die EU die volle Kooperation Kroatiens mit dem Kriegsverbrechertribunal gefordert. Zagreb war dem auch nachgekommen - fast. In den Monaten vor dem 17. März 2005, dem Termin, an dem die Verhandlungen beginnen sollten, hatte die EU Kroatien wiederholt davor gewarnt, dass Zagreb auch im Fall Gotovina diese Zusammenarbeit unter Beweis stellen müsse.
Und UN-Chefanklägerin Carla Del Ponte warf der kroatischen Regierung vor, Gotovina sei in Reichweite der kroatischen Behörden. Zagreb wies das stets zurück und zeigte sich erstaunt, als die Verhandlungen dann tatsächlich verschoben wurden.
Drei Tage vor dem 17. März 2005 wurden die Konten des Gesuchten in Kroatien gesperrt, Ende August wurde dann der mutmaßliche Fluchthelfer Gotovinas, Hrvoje Petrac, in Griechenland verhaftet. Am 4. Oktober begannen die EU-Beitrittsverhandlungen. Österreichs Regierung hatte für Kroatien lobbyiert und den Verhandlungsbeginn mit der Türkei verzögert. Und Carla Del Ponte bescheinigte völlig überraschend die "volle Zusammenarbeit" Kroatiens mit dem Tribunal. (APA, awö/DER STANDARD, Printausgabe, 9.12.2005)
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