Peking - Der Pekinger Korrespondent der Wochenzeitung
"Die Zeit", Georg Blume, ist am Freitag in der Nähe von
"Krebsdörfern" an einem schwer verschmutzten Fluss in Zentralchina
von der Polizei festgenommen worden. Ihm seien "illegale Interviews"
vorgeworfen worden, berichtete Blume telefonisch. Er wurde in einem
Hotel der Stadt Shenqiu (Provinz Henan) festgehalten. Der Journalist
hatte in einem der 20 Dörfer entlang des mit Schadstoffen
verschmutzten Shaying Flusses recherchiert, wo die Krebsraten seit
den 90er Jahren dramatisch gestiegen sind. In dem 2.400 Einwohner
zählenden Dorf Huangmengying sind bereits mehr als 120 Menschen an
Krebs gestorben.
Verhör
"Ich bin den ganzen morgen von der Polizei verfolgt worden und
hatte deswegen alle Interviews abgesagt", berichtete Blume. Die
Polizei habe sein Taxi dann an einer Mautstelle auf der Autobahn
angehalten und ihn nach Shenqiu zum Verhör gebracht. Die Deutsche
Botschaft in Peking ist eingeschaltet. Die Umweltkatastrophe in
Nordostchina, wo ein 100 Kilometer langer Abschnitt des Songhua
Flusses nach einem Chemieunfall verseucht worden war, hatte ein
Schlaglicht auf die zunehmende Wasserverschmutzung in China geworfen.
Grundwasser
Das Schicksal der "Krebsdörfer" wird auch in den staatlich
kontrollierten chinesischen Medien behandelt. Danach wirft der
Dorfvorsteher von Huangmengying einer Papierfabrik und anderen
Industriebetrieben flussaufwärts vor, "rücksichtslos" unbehandelte
Abwässer in den Fluss zu leiten. Besonders Menschen an Bächen und
Teichen, die Wasser aus dem Fluss beziehen, leiden an Darm- und
Speiseröhrenkrebs. Das Gesundheitsamt von Shenqiu fand auch hohe
Konzentrationen von Mangan und Nitrat im Grundwasser des Dorfes. (APA/dpa)