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Elektronikschrott enthält zahlreiche Materialien, die, wenn auch oft in verhältnismäßig geringen Mengen, gefährliche Substanzen einschließen.

Foto: APA/Epa/Vergult
Wien - Speicherspezialist Hitachi Data Systems rief vor geraumer Zeit in Erinnerung, dass in der Elektro- und Elektronikbranche große Umwälzungen anstehen. "Wir sind die ersten, die Speicherlösungen fast ein Jahr früher als erforderlich ohne schädliche Inhaltsstoffe auf den Markt bringen", lobt sich Österreich- und CEE-Chef John Ryden anlässlich der Präsentation neuer fast "bleifreier" Datenlager zu Herbstbeginn. Hintergrund ist die am 1. Juli 2006 in Kraft tretende EU-Richtlinie zur Beschränkung der Verwendung gefährlicher Stoffe in allen Elektro- und Elektronik-Produkten (RoHS). Der Einsatz der Schwermetalle Blei, Cadmium, Quecksilber, Chrom und bestimmter Flammenhemmer sind ab dann nur noch in Spuren erlaubt.

Langfristige Auswirkungen

"Die Auswirkungen für Endverbraucher sind eher langfristiger, weil umweltschonender Natur", betont Ryden im Gespräch mit standard.at. "Durch den Austausch bleihaltiger Substanzen in Bauteilen wird vor allem ihre spätere Entsorgung einfacher," schlägt Fujitsu-Siemens-Umweltfachmann Andreas Berthold in die nämliche Kerbe. Bei Europas größtem Computerbauer Fujitsu setzt man schon seit den 80er Jahren auf die "grüne" Schiene - ein Umstand der dem IT-Unternehmen nun zu Gute kommen dürfte. Seit der seit August geltenden Elektro(nik)schrottverordnung müssen die Hersteller bekanntermaßen die Altgeräte zurückzunehmen und sachgerecht entsorgen. Gemeinsam mit der ins Haus stehenden RoHS-Richtlinie ein Problem, dem sich nun alle Produzenten mit - je nach Standard im Unternehmen - weitreichenden Folgen stellen müssen. Tatsächlich enthält Elektronikschrott zahlreiche Materialien, die, wenn auch oft in verhältnismäßig geringen Mengen, gefährliche Substanzen einschließen. Angesichts der Masse an Geräten gilt jede Verringerung als notwendiger Schritt in Richtung sauberere Umwelt (alleine in Österreich fallen jährlich rund 80.000 Tonnen Elektroschrott an). Daneben sollen schädliche Auswirkungen vor allem auf die Gesundheit der mit dem Recycling Beschäftigten verringert werden.

Auf der Suche nach Alternativen

Der Ersatz von Substanzen wie Blei, das etwa beim Löten zum Einsatz kommt, ist nicht ganz einfach. Seit mehr als zehn Jahren forsche man hier nach Alternativen, lässt Hewlett Packard ausrichten und IBM-Sprecher Christian Rothmüller betont, man arbeite an der Umsetzung von RoHS in der gesamten Lieferkette: "Wir sind aber auch von den Zulieferern abhängig". Den Zeitplan Mitte 2006 werde man einhalten, heißt es bei beiden ebenso wie bei Speicherhersteller EMC. Sun Microsystems indes kann laut Marketingmann Frank Issing bereits 80 Prozent der Speicher-Produkte RoHS-konform verkaufen und auch Toshiba berichtet von ersten "grüneren" Produkten, die bereits am Markt zu haben sind.

Emsige Betriebsamkeit im Hintergrund

"Die emsige Betriebsamkeit in Sachen RoHS-Umsetzung spielt sich eher an den Produktionsstätten ab", ist Thomas Veverka vom Fachverband der Elektro- und Elektronikindustrie (Feei) sicher, sind doch auch Zulieferer von Bauteilen wie Transistoren, Widerständen, Prozessoren, Gehäusekunststoff, Schrauben, etc. betroffen. Die sind ebenso weltweit angesiedelt, wie die Produzenten von Computer und Co. Auch wenn die Initiative für die RoHS-Richtlinie bei der EU liegt, gab es laut Recycling-Fachmann Ernst Luckner vom Kompetenzzentrum für Elektro(nik)altgeräte-Recycling (KERP) ähnliche Beschränkungen bereits in Japan. Auch China sei dabei, die Richtlinie in sein gesetzliches Regelwerk zu integrieren: "Die Verantwortung für die Einhaltung der Anforderungen liegt bei den Herstellern oder Importeuren im EU-Land." Für Konsumenten bedeutet das Inkraft-Treten der EU-Richtlinie übrigens nicht, dass ab dann RoHS-konform ist, was an Computer und Co erworben wird: "Es ist allen klar, dass es einen Übergangszeitraum nach dem 1.7.2006 gibt, in dem bereits vorher (nicht RoHS-konform) produzierte Geräte verkauft werden", so Luckner.

RoHS-Compliance der Produkte

Für die Unternehmen bringe RoHS jede Menge Kosten und Arbeit (Fujitsu Siemens schätzte für das eigene Unternehmen einmal jährlich zehn bis 20 Millionen Euro), um ihre Produkte alle neu zu qualifizieren, beschreibt Luckner die Dimension: "RoHS-Compliance von Produkten bedeutet: Neue Materialien, neue Bauteile, neue Fertigungsverfahren ergibt neue Produkte in Bezug auf Qualität, Zuverlässigkeit und Sicherheit." "Da geht es nicht nur um eine Herausforderung in organisatorischer Sicht, sondern vor allem in finanzieller", bestätigt Hitachi-Chef Ryden. Dass sich selbige konkret in Preiserhöhungen niederschlagen, will er nicht direkt bestätigen. "Ich wage zu bezweifeln, dass die Hersteller die Kosten schlucken können" blickt Feei-Experte Veverka hinsichtlich der Preisentwicklung weniger zuversichtlich in die "bleifreie" Zukunft.

WISSEN Im Jänner 2003 wurde vom EU-Parlament die europaweite so genannte RoHS Richtlinie zur Beschränkung der Verwendung bestimmter gefährlicher Stoffe in Elektro- und Elektronikgeräten erlassen (RoHS = Reduction of Hazardous Substances). Die Umsetzung der Richtlinie soll sicherstellen, dass ab 1. Juli 2006 neu in den Verkehr gebrachte Elektro- und Elektronikgeräte allenfalls Spuren von Blei, Quecksilber, Cadmium, sechswertigem Chrom, polybromiertem Biphenyl (PBB) oder polybromiertem Diphenylether (PBDE) enthalten. In österreichisches Recht gegossen ist RoHS in der Elektroaltgeräteverordnung – EAG-VO (Paragraph 4).

Blei findet Verwendung beim Löten oder als Leiterplattenoberfläche; Quecksilber lagert in Batterien, Elektroden, Schaltern, Sensoren und Relais; Cadmium findet ebenfalls Verwendung in Batterien, als Korrosionsschutz von Metallen, zur Erzeugung galvanischer Schutzüberzüge auf Metallteilen. Halogenzusammensetzungen wie polybromiertes Biphenyl (PBB) oder polybromierter Diphenylether (PBDE) dienen als Flammschutzmittel oder Weichmacher für Kunststoffe. (Regina Bruckner)