Damaskus - Die radikalislamische Palästinenser-Organisation Hamas wird ihre mit Jahresende auslaufende Waffenruhe mit Israel nicht verlängern. Dies teilte der politische Chef der Organisation, Khaled Mechaal (Mashaal), am Freitag in Damaskus mit. "Wir werden keine neue Waffenruhe eingehen, da unser Volk eingekreist ist und sich auf eine Konfrontation (mit Israel) vorbereitet", sagte Mechaal im Flüchtlingslager Yarmuk zehn Kilometer südlich der syrischen Hauptstadt.

Einer anderen Übersetzung seiner Worte zufolge sagte der im Exil lebende Chef des Hamas-Politbüros: "Ich sage es hier laut und deutlich: Wir werden in keine neue Phase der Waffenruhe eintreten, unsere Leute bereiten sich auf eine weitere Welle der Gewalt vor". Bei dem derzeitigen politischen Stillstand mache es keinen Sinn, die Waffenruhe aufrecht zu erhalten, ergänzte er vor Anhängern.

Ende des Monats

In Gaza stellte ein anderer Hamas-Vertreter klar, dass die Waffenruhe nicht sofort ende, sondern erst Ende des Monats. "Die Hamas bestätigt, dass die Ruhe zum jetzigen Zeitpunkt noch immer besteht, das ist ein nationaler Konsens", sagte Mushir al-Masri, "Das ist die offizielle und endgültige Entscheidung und Position der Hamas."

Vor zwei Tagen noch hatte ein weitere Hamas-Führer zur Fortsetzung der Waffenruhe aufgerufen, die vor rund zehn Monaten von Ägypten vermittelt worden war. Hassan Yussef hatte im Westjordanland laut israelischem Rundfunk gemeint, alle Fraktionen der Organisation müssten sich an die in Kairo getroffene innerpalästinensische Vereinbarung halten. Yussef sagte, bei der palästinensischen Parlamentswahl im Jänner erwarte die Hamas große Erfolge.

Im Gegensatz dazu hatte Hamas-Führer Mahmoud Sahar vor fünf Wochen erklärt, seine Organisation sehe sich nicht verpflichtet die Waffenruhe fortzusetzen, wenn Israel nicht mit seinen Attacken aufhöre und Tausende inhaftierte Palästinenser frei ließe.

In seinen Gesprächen über die Waffenruhe hatte Palästinenser-Präsident Mahmoud Abbas (Abu Mazen) die gewalttätigen Gruppen dazu gedrängt, sie zumindest bis Ende 2005 zuzusagen. Ägypten sollte in diesen Tagen seine Vermittlungsgespräche über eine Verlängerung der Vereinbarung aufnehmen.

Luftangriffe nach Anschlag

Die Spannungen zwischen Israelis und Palästinensern hatten in dieser Woche nach einem palästinensischen Selbstmordanschlag in der Küstenstadt Netanya am Montag wieder deutlich zugenommen. Zu dem Anschlag, bei dem fünf Israelis getötet worden waren, hatte sich die Extremisten-Gruppen Islamischer Heiliger Krieg (Jihad Islami) und die "Al-Aksa-Märtyrerbrigaden" bekannt. Israel flog daraufhin Luftangriffe im Gaza-Streifen und tötete gezielt palästinensische Extremisten.

Laut einer Meldung der Deutschen Presse-Agentur (dpa) soll Mechaal die Aufkündigung der Waffenruhe allerdings bestritten haben. Unklar ist, ob damit das sofortige Ende der Waffenruhe gemeint ist, oder die Absage an eine Verlängerung der Waffenruhe. Mechaal habe ein Ende der israelischen Angriffe auf Palästinenser verlangt, so die dpa. Demzufolge erklärte Hamas-Sprecher Sami Abu Suhri in Gaza wiederum, die zwischen den Palästinensern getroffene Übereinkunft für ein Ende der Gewalt gegen Israel laufe zum Jahresende aus. Er wurde mit den Worten zitiert, dass angesichts der Gewalt "jeder Ruf nach einer Verlängerung der Waffenruhe unlogisch" sei. Demnach forderte er Israel zur Einhaltung der Waffenruhe auf. (APA)