Wien - "Ich will keine Studiengebühren", sagt Bildungsministerin Elisabeth Gehrer. Aber es gibt wieder einmal eine Finanzierungsdebatte - diesmal vom Sozialforscher Bernd Marin ausgelöst. Der fordert, dass Studierende nach ein paar freien Semestern zur Kassa gebeten werden. Im Gespräch mit dem STANDARD sagt Marin, die Gebühren müssten rund 125.000 Schilling pro Jahr betragen, um kostendeckend zu sein. Dafür verspricht er den Studierenden ein "sicheres Grundgehalt von zirka 7000 Schilling pro Monat". Marin: "Die Mehrheit sind heute Werkstudenten. Der andere Teil ist auf die Eltern oder auf den Staat angewiesen." Komme die Grundsicherung, könnte die Familienbeihilfe gestrichen werden. Wer als Akademiker nichts verdienen wird, weil er etwa Numismatik studiert hat, müsste nach den Plänen Marins später nichts oder zumindest weniger zurückzahlen. Ende des Laisser-faire Bildungsforscher Hans Pechar vom Institut für interdisziplinäre Forschung und Fortbildung meint hingegen, dass lediglich 15.000 bis 20.000 Schilling Gebühren pro Jahr verlangt werden sollten. Kostendeckende Gebühren hält er für illusorisch. Auch in seinem Modell wird eine Kreditfinanzierung bevorzugt. Gebühren würden aber andere Reformen nach sich ziehen, meint Pechar: etwa eine Kapazitätsfeststellung der Institute und ein Ende des "Laissez-faire-Systems" an den Unis. Denn unter dem Titel "Freiheit des Lernens" herrsche ziemliche Unverbindlichkeit bei Studierenden wie bei Lehrenden. Gebühren würden mehr Serviceorientierung der Unis und mehr Ernsthaftigkeit bei den Studenten erzeugen. Ein klares Nein zu Studiengebühren kommt von der Österreichischen Hochschülerschaft (ÖH). Deren Chef, Martin Faißt, hofft, "dass Gehrer ihr Wort hält und das Grundstudium inklusive Doktoratsstudium für alle frei bleibt". Gehrer selbst stellt gegenüber dem STANDARD klar, dass sie keine finanziellen Barrieren für ein Studium aufbauen will. Dennoch will sie in den nächsten zwei Jahren eine eingehende Debatte über "Bildungsfinanzierung" führen. Das Thema solle "ohne Scheuklappen" diskutiert werden. Vorstellbar ist für sie beispielsweise, dass ein Seniorenstudium oder "ein zweites oder drittes Studium" künftig kostenpflichtig wird. Wichtigstes universitätspolitisches Thema ist für Gehrer derzeit aber die Vollrechtsfähigkeit (also die Selbstverwaltung der Unis). Und dazu lieferten Montagnachmittag die Rektoren im Bildungsministerium ihre Expertise ab. In einem Jahr soll dieses Thema in Gesetzesform vorliegen, und im Herbst 2001 werden die ersten Unis mit der Umsetzung beginnen müssen. Peter Mayr und Martina Salomon für Der Standard