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Gerade in ländlichen Gebieten - zu denen die untersuchten Regionen überwiegend zählen - ist es für Frauen häufig noch schwieriger, ihre Berufsvorstellungen zu verwirklichen. Die Gründe dafür liegen in benachteiligenden Strukturen - auf beiden Seiten der Grenze.
Foto: APA/dpa/Jan-Peter Kasper
"Offen gesagt" am vorigen Sonntagabend: Zwei Sozialpartnerpräsidenten bekennen sich dazu, bei der EU-Erweiterung Übergangsfristen für den österreichischen Arbeitsmarkt erzwungen zu haben. Der tschechische Diplomat Jirí Grusa hält dagegen, bezeichnet die Fristen als "schmerzlich" und "teils ungerecht". Er wird eines Besseren belehrt: Es gehe nicht anders, noch immer würden österreichische Sozial- und Arbeitsrechtstandards umgangen. Basta.

Den beiden Präsidenten sei eine neue Studie der "Österreichisch-Ungarischen Ex- pertInnenakademie" ans Herz gelegt: Sie belegt eindrücklich, dass keine Übergangsfrist der Welt hilft, Ungleichheit zu beseitigen - nämlich dann, wenn es um Frauen geht. Die Studie mit dem Titel "Gleichstellung? Situation von Frauen in der österreichisch-ungarischen Grenzregion" zeichnet ein nüchternes Bild von der Lage der Frauen in Westungarn und Ostösterreich. Die Studie, Teil des Interreg-IIIA-Projekts "ExpertInnenakademie", befasst sich mit der Entwicklung dieser Regionen in den letzten zehn Jahren.

Wer glaubt, Österreich habe einen gewissen Vorsprung vor den neuen EU-Ländern, irrt gewaltig. Etwa, was die Frage nach der "höchsten abgeschlossenen Ausbildung" betrifft: Hier wird deutlich, dass sowohl in Österreich als auch in Ungarn bei höheren Schul-und Universitätsabschlüssen der Anteil der Männer nach wie vor überwiegt. Positiv ist festzuhalten, dass mehr Frauen als Männer der jüngeren Generation einen höheren Schulabschluss haben.

Kein Anreiz für Väter

Dennoch wirkt sich die steigende Qualifikation kaum auf die Frauenerwerbsquote aus. In der Grenzregion ist die Erwerbsbeteiligung von Frauen niedriger als jene von Männern - wobei dies (natürlich bei den Frauen) eng mit der Zahl und dem Alter der Kinder zusammenhängt. Ungarn liegt dabei weit unter dem EU-Durchschnitt von 60 Prozent: Frauen im Alter von 20 bis 49, die ein bis zwei Kinder unter zwölf Jahre betreuen, sind nur zu 54 Prozent auch erwerbstätig. Österreich liegt im selben Bereich mit 73 Prozent Frauenerwerbsquote zwar über dem EU-Schnitt - freilich sind da auch alle "atypischen Beschäftigungsverhältnisse" (z. B. geringfügig bezahlte Jobs) hineingerechnet. Die Gründe: mangelnde Beteiligung der Männer daheim und unzureichende Kinderbetreuung - vor allem für unter dreijährige Kinder. Anreize für Väterkarenz sind auf beiden Seiten der Grenze gering. Das alles ist im Falle Westungarns umso bitterer, als diese Region eine der sich am schnellsten entwickelnden in Europa ist. Jetzt bestünde die Chance für Frauen, auch am Wohlstandswachstum teilzuhaben.

Stattdessen: Frauen arbeiten vor allem im schlecht bezahlten Dienstleistungsbereich - und hier vor allem als Bürokräfte und kaufmännische Angestellte, oder gar als Hilfsarbeitskräfte. Auch hier sind die Verhältnisse in Ungarn und Österreich ähnlich. Allerdings verdienen ungarische Frauen etwa 84 Prozent des durchschnittlichen Männereinkommens - in Österreich sind es in der Grenzregion nur 64 Prozent. Vieles wäre kritisch anzumerken, etwa, dass Betriebe mit "frauenfreundlichen" Ansätzen meist auch in dieser Region nur daran denken, die Vereinbarkeit von Beruf und Familie für die Frauen besser zu gestalten. Die "ExpertInnenakademie" stellt in ihrem Fazit klar: "Nicht die Frauen sind das Problem, sondern Strukturen, die sie behindern." (Petra Stuiber, DER STANDARD, Print, 10./11.12.2005)