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Der Ex-General wurde am Samstag nach Den Haag überstellt.

Foto: AP Photo / Police Video HO via APTN
Madrid - Knapp drei Tage nach seiner Verhaftung in Spanien ist der mutmaßliche kroatische Kriegsverbrecher Ante Gotovina am Samstag dem UNO-Tribunal in Den Haag überstellt worden. Das bestätigte das Gericht. Gotovina war am Mittwoch auf der spanischen Kanareninsel Teneriffa verhaftet worden. Vor dem UNO-Tribunal muss sich der 50 Jahre alte Ex-General unter anderem für den Tod von 150 Serben im kroatischen Unabhängigkeitskrieg verantworten.

Gotovina, ein enger Gefolgsmann des verstorbenen kroatischen Staatschefs Franjo Tudjman, zählte - neben den bosnischen Serben-Führern Radovan Karadzic und Ratko Mladic - zu den drei meistgesuchten mutmaßlichen Kriegsverbrechern aus der Zeit der Balkan-Kriege in den 90er Jahren. Die ihm zur Last gelegten Verbrechen hat er laut Anklage begangen, als er Teile Kroatiens von serbischen Aufständischen zurückeroberte und die serbische Minderheit vertrieb. Dabei soll er unter anderem Hinrichtungen von serbischen Zivilisten und die systematische Zerstörung von serbischen Häusern befohlen haben.

Sanader: "Wahrheit über den Vaterländischen Krieg verteidigen"

Nach seiner Festnahme herrscht nun in Kroatien Angst vor Unruhen und Ausschreitungen. Die größte Organisation von Kriegsinvaliden in Kroatien (Hvidra) hat für Sonntag zu einer Großkundgebung gegen die Festnahme von Gotovina aufgerufen. Laut kroatischen Medien werden zu der Demonstration in der Adria-Hafenstadt Split rund 100.000 Teilnehmer erwartet.

Premier Ivo Sanader betonte, er verstehe die Emotionen der Menschen, weil die Verdienste von Gotovina "bei der Verteidigung Kroatiens" groß seien. Kundgebungen auf der Straße könnten Gotovina aber jetzt nicht helfen. "In jedem Moment weiß die Regierung, was für Kroatien am nützlichsten ist und ich bitte alle, kühlen Kopf und Fassung zu bewahren", sagte Sanader laut der Nachrichtenagentur Hina.

Die Menschen müssten jetzt Vertrauen in die Regierung haben, denn sie wisse auf welche Weise "die Wahrheit" verteidigt werden müsse. "Wir werden uns gut vorbereiten und die Wahrheit über den Vaterländischen Krieg verteidigen", betonte Sanader Es sei "wahr", dass "Kroatien angegriffen und Opfer von Aggression wurde und wir hatten das Recht, uns zu verteidigen und das Land zu befreien". Sollte es "jemand erneut wagen, dies zu tun, wird sich Kroatien erneut verteidigen und befreien". "Das ist die einzige Wahrheit."

Proteste

In Kroatien kam es bereits am Donnerstagabend zu Protesten wegen der Gotovina-Festnahme. In Zagreb und einigen Städten an der Adria wurden Sympathiekundgebungen für den als "Helden" und "Befreier" gefeierten Gotovina abgehalten. Die Demonstranten vor dem Regierungssitz in Zagreb hielten Fotos von Gotovina und Plakate mit Parolen wie "Er ist ein Held" hoch und skandierten Sprechchöre zu Ehren des Generals.

Dabei kam es auch zu Ausschreitungen. In Zagreb wurden elf Personen festgenommen. Nur einen Tag nach den Protestkundgebungen wurde der Polizeichef von Zagreb, Ivica Franic, entlassen. Begründet wurde dies mit "Versäumnissen bei der Aufrechterhaltung von Recht und Ordnung". In der Region Zadar wurden Autoreifen und Container angezündet. Der Verband "Kroatische Kriegsinvaliden des Vaterländischen Krieges" (HVIDR) kündigte für Sonntag landesweit Sympathiekundgebungen für Gotovina an. Der General sei kein Kriegsverbrecher, sondern ein "Held", teilte der Verband mit.

Auch kroatische Politik steht vor Gericht

Die bekannte kroatische Schriftstellerin Slavenka Drakulic nimmt hingegen einen völligen anderen Standpunkt ein: "Wir müssen der Wahrheit ins Gesicht schauen", betonte sie in einem Interview für die ZiB 2 am Freitagabend. Beim Prozess gegen Gotovina werde es nicht nur um die persönliche Schuld des Generals gehen. Auch die damalige kroatische Politik stehe vor Gericht und für manche könnte es sehr unangenehm werden, sagte Drakulic. Viele Jahre lang sei Kroatien die Geisel von Gotovina gewesen. Wäre er Patriot gewesen, hätte er sich dem Haager Tribunal freiwillig gestellt.

Halbe Weltreise

Gotovina absolvierte übrigens während seiner vierjährigen Flucht eine "halbe Weltreise". Mit einem gefälschten Pass soll der ehemals in der französischen Fremdenlegion dienende General nach Angaben des spanischen Innenministers José Antonio Alonso unter anderem nach Lateinamerika gereist sein. In einem auf den Namen Kristian Horvat ausgestellten Pass waren unter anderem Stempel aus China, Russland, Tahiti, Argentinien, Chile, Tschechien und Mauritius zu finden. Der letzte Ausreisestempel mit dem Datum 25. November stamme von der Insel Mauritius im Indischen Ozean, teilte Alonso mit. (APA/Reuters)