Zwei Lesben, im Hintergrund ihr Baby - eine nicht anerkannte Normalität

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Wien - "In Rage", wie sie sagt, bringt Theresia, "dass viele Menschen genau zu wissen glauben, was ein Kind braucht: Vater und Mutter, möglichst von der Geburt an und bis zum 18. Lebensjahr". Diese vermeintliche Sicherheit mache ihre eigene Lebensform nämlich zu einer Art Unding: Die 35-jährige Lehrerin lebt mit der 51 Jahre alten Physiotherapeutin Christine und mit Annemarie, deren 13-jähriger Tochter aus früherer Ehe, zusammen.

Zwei lesbische Frauen, die sich gemeinsam um ein Kind kümmern, stehen einander nach den heimischen Gesetzen wie Fremde gegenüber. Aus diesem Grund, sagt Theresia, seien sie und ihre Lebensgefährtin in hohem Maß auf "den Goodwill" ihrer Umgebung angewiesen. Das beginne beim schulischen Mitteilungsheft des Mädchens: "Wenn ich unterschreibe, muss es der Lehrer nicht akzeptieren." Das ende in dem Wissen, dass der geschiedene Vater sorgerechtlich weit vor der Frau stehe, die mit Mutter und Kind zusammenlebt.

Soziale Nachteile

Dazu komme - und hier werde der Unterschied zu einer "normalen", heterosexuellen Lebensgemeinschaft mit Kindern augenscheinlich - die Furcht vor sozialen Nachteilen für die 13-jährige Annemarie. Diese Angst, meint ihre Mutter Christine, lasse die meisten kinderbetreuenden Lesben und Schwulen über ihre Lebensform lieber schweigen, als über die Probleme reden.

Keine Studien

Dabei dürften sich in Österreich 100.000 bis 200.000 Paare in einer solchen Situation befinden, das ergibt sich aus in Deutschland gesammelten und auf Österreich übertragene Daten. Heimische Studien zu dem Thema gibt es nämlich keine.

Auch in der Beratung homosexueller Paare seien "Regenbogenfamilien derzeit eher noch Neuland", schildert Wolfgang Wilhelm von der Wiener Antidiskriminierungsstelle für gleichgeschlechtliche Lebensweisen.

Wenn, dann gehe es um Ängste, das Sorgerecht für ein Kind zu verlieren, weil man jetzt in einer gleichgeschlechtlichen Beziehung lebe:

Trotz Schulungsmaßnahmen existierten nämlich immer noch Behördenvertreter und Gutachter, die schwule und lesbische Familien als Verhältnisse sähen, die es besser gar nicht geben sollte. (Irene Brickner, DER STANDARD Printausgabe, 12.12.2005)