Gotovina plädiert vor dem Kriegsverbrechertribunal auf "nicht schuldig"

Bei dem am Montag vor dem Haager UN-Kriegsverbrechertribunal eingeleiteten Verfahren gegen den kroatischen General Ante Gotovina sitzt symbolisch auch der 1999 verstorbene Staatsgründer Franjo Tudjman auf der Anklagebank.

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Fünf Tage nach seiner Verhaftung auf Teneriffa wurde der kroatische General Ante Gotovina (50) am Montag dem UN- Kriegsverbrechertribunal in Den Haag vorgeführt. Eigentlich sitzt Gotovina nicht allein auf der Anklagebank. Das Verfahren richtet sich auch gegen den 1999 verstorbenen ersten Präsidenten des unabhängigen Kroatien, Franjo Tudjman. Chefanklägerin Carla Del Ponte wirft in ihrer Anklage Gotovina vor, an einem "kriminellen Unternehmen" zusammen mit dem damaligen Präsidenten Tudjman, dessen Berater Ivan Cermak und Mladen Markac, dem Chef der kroatischen Antiterrorpolizei, teilgenommen zu haben, dessen Ziel es war, die serbische Bevölkerung aus der Krajina zu vertreiben.

Scheinbar ungerührt und in seinen Antworten sachlich und beherrscht folgte der ehemalige Oberkommandierende der "Operation Sturm" in der Krajina der Verlesung der revidierten Anklage. In der ersten Anklage aus dem Jahr 2001 war von einer direkten Verantwortung für Morde und Vertreibungen noch nicht die Rede gewesen. Neue Fakten führten vor einem Jahr zu einer Erweiterung der Anklage.

Gotovina werden in sieben Fällen Verbrechen gegen die Menschlichkeit und gegen das internationale Kriegsrecht vorgeworfen. Gotovina plädierte in allen sieben Fällen auf "nicht schuldig". Gotovina wird zudem individuelle Verantwortung für diese ethnischen Säuberungen zur Last gelegt. Er habe als Oberkommandierender Kenntnis der Verbrechen seiner Untergebenen gehabt oder haben müssen. Er sei seiner Verpflichtung, diese Verstöße zu unterbinden oder zu bestrafen, nicht nachgekommen.

Der ehemalige Fremdenlegionär wird für Plünderungen, Deportationen und Mord an zumindest 150 Personen sowie andere unmenschliche Handlungen verantwortlich gemacht. Konkret geht es um jeweils einen Mord in den Gemeinden Benkovac und Korenica und 30 Morde in Knin.

Dörfer zerstört

Punkt vier der Anklage wirft Gotovina vor, die mutwillige Zerstörung von Städten und Dörfern "geplant, vorbereitet, angeordnet, begangen oder unterstützt" zu haben. Tausende Gebäude unter anderem in den Gemeinden Benkovac, Sibenik, Knin und Zadar seien unter Leitung von Gotovina zerstört worden. Ziel dieser Aktion sei es gewesen, die Rückkehr serbischer Flüchtlinge in die Krajina unmöglich zu machen.

Innerhalb der nächsten 120 Tage wird das Vorverfahren gegen Gotovina eingeleitet, erst danach wird der eigentliche Prozess gegen den "Helden" der Krajina beginnen. (DER STANDARD, Printausgabe, 13.12.2005)