Die Auswirkungen auf die nationalen Haushalte seien noch nicht abzusehen, betonte eine Sprecherin der EU-Kommission, die das Urteil zur grenzüberschreitenden Verlustanrechnung von Unternehmen grundsätzlich begrüßt. Mehrere EU-Finanzminister sahen dem Urteil mit Sorge entgegen, da sie eine Klagswelle befürchteten. Die Kommission will die Luxemburger Entscheidung nun noch näher prüfen. Ab 2006 soll dann über neue Regelungen in diesem Bereich beraten werden.
Unterdessen hat sich am Dienstag das EU-Parlament für die Schaffung einer einheitlichen Bemessungsgrundlage bei der Besteuerung von Unternehmen ausgesprochen. Steuerhemmnisse, Probleme der Doppelbesteuerung und hohe Befolgungskosten bei Investitionen oder Transaktionen stellten noch immer eine Behinderung des Binnenmarktes dar, kritisierten die EU-Abgeordneten in einem am Dienstag in Straßburg mit breiter Mehrheit angenommenen Bericht.
Großbritannien muss zurück erstatten
Der britische Staat muss laut dem heute ergangenen EuGH-Urteil dem Einzelhandelskonzern Marks & Spencer 44 Mio. Euro an Steuerzahlungen rückerstatten. Nach dem Urteil des Gerichtshofes kann ein Unternehmen die Verluste von Tochtergesellschaften im EU-Ausland in seinem Stammland geltend machen. Das sieht auch die seit Jahresbeginn 2005 geltende österreichische Gruppenbesteuerung vor. Voraussetzung dafür ist laut EuGH allerdings, dass die Verluste nicht schon im Ausland steuerlich verrechnet werden.
"Das heutige Urteil bestätige einmal mehr die weise Voraussicht der österreichischen Bundesregierung bei der Umsetzung der heuer in Kraft getretenen Steuerreform", kommentiert der freiheitliche Industrie- und Finanzsprecher Thomas Prinzhorn die Entscheidung des Gerichtshofes. Das Urteil lasse die Kritiker der Steuerpolitik "alt" aussehen, denn jetzt müssten auch die anderen EU-Mitgliedstaaten ihr Steuerrecht diesbezüglich anpassen.
Laut EuGH beschränken die britischen Rechtsvorschriften die Niederlassungsfreiheit. Die Regelung führe zu einer unterschiedlichen steuerlichen Behandlung von Verlusten einer gebietsansässigen und solchen einer gebietsfremden Tochtergesellschaft und halte damit Unternehmen von der Gründung von Tochtergesellschaften in anderen EU-Staaten ab.
In Ausnahmefällen zulässig
In Ausnahmefällen sei eine solche Regelung zwar zulässig, etwa zur Wahrung einer ausgewogenen Aufteilung der Besteuerungsbefugnis, hieß es in dem Urteil weiter. Zudem dürfe gesetzlich verboten werden, dass ein Unternehmen die Verluste einer Tochtergesellschaft doppelt verrechnet. Auch könne eine solche Regelung Steuerflucht vermeiden. Das britische Gesetz verstoße aber gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit.