Berlin - Das für die Geheimdienste zuständige Parlamentarische Kontrollgremium des deutschen Bundestages hat Berichte zurückgewiesen, es sei bereits im Jahr 2004 über die Verschleppung des Deutsch-Libanesen Khaled al Masri informiert worden. Vorsitzender Volker Neumann (SPD) teilte am Dienstag in Berlin mit, das geheim tagende Gremium sei vielmehr erst am 16. Februar 2005 mit dem Sachverhalt befasst worden.

Anlass dafür sei ein Berichts des ZDF-Magazins "Frontal 21" vom 1. Februar 2005 und der Antrag eines Mitglieds gewesen, über diesen Sachverhalt informiert zu werden. Die deutsche Bundesregierung konnte laut Neumann damals gegenüber dem Kontrollgremium die Presseberichterstattung weder bestätigen noch entkräften.

Erst auf der Sitzung am Montag sei das Gremium durch die Bundesregierung über ihre Erkenntnisse in dieser Angelegenheit und über ihre Bemühungen um Aufklärung unterrichtet worden, erklärte Neumann. Das Parlamentarische Kontrollgremium, das sich nach der Bundestagswahl noch nicht neu konstituiert hat, werde seine Untersuchungen in neuer Zusammensetzung fortsetzen, kündigte Neumann an.

Breite Bundestagsdebatte am Mittwoch

Die Hintergründe der CIA-Affäre um al Masri sollen am Mittwoch in einer breiten Debatte im deutschen Bundestag erörtert werden. Auf Vorschlag von Union und SPD verständigten sich die Fraktionen darauf, statt einer aktuellen Stunde eine 90-minütige Debatte anzusetzen.

Außenminister Frank-Walter Steinmeier werde zu Beginn einen ausführlichen Bericht über seinen Kenntnisstand und den der Bundesregierung abgeben, sagte der parlamentarische Geschäftsführer der Unionsfraktion, Norbert Röttgen, am Dienstag in Berlin. Alle Fraktionen seien sich einig, dass eine umfassende Sachaufklärung nötig sei.

Bereits am Mittwochmittag will der Bundestag die neuen Mitglieder des parlamentarischen Kontrollgremiums wählen, das den Fall ebenfalls durchleuchten soll. In dem Gremium sollen die Koalitionsfraktionen laut Röttgen mit je drei Mitgliedern, Linkspartei, FDP und Grüne mit je einem Mitglied vertreten sein. Bereits am Vormittag wollen sich die Bundestagsausschüsse für Auswärtiges, Inneres und Justiz mit der CIA-Affäre befassen.

Schily 2004 unterrichtet

Der frühere Innenminister Otto Schily (SPD) wurde im Juni 2004 vom damaligen US-Botschafter Daniel Coats unter dem Siegel der Verschwiegenheit darüber unterrichtet, dass die CIA mit El Masri den Falschen ergriffen habe. Zu der Zeit war Al Masri, der nach eigenen Angaben vor zwei Jahren verschleppt und fünf Monate in Afghanistan gefangen gesetzt war, bereits wieder auf freiem Fuß.

Wenige Tage darauf wurden mehrere Stellen der Bundesregierung wie Bundeskanzleramt und Auswärtiges Amt durch einen Brief des Anwalts von Al Masri mit dem Fall konfrontiert. Die Staatsanwaltschaft Memmingen und später München leitete ein Ermittlungsverfahren wegen Freiheitsberaubung gegen unbekannt ein.

2005 wurden nach Regierungsangaben die Ermittlungen durch Rechtshilfeersuchen an Mazedonien, Albanien und an die USA unterstützt. Die offizielle Linie der Bundesregierung lautete bisher, das Anwaltsschreiben seinerzeit an "die relevanten Stellen" weitergeleitet zu haben. (APA/AP)