Warschau - Aus der Archiven der polnischen Polizei ist ein Großteil der Tausenden Personalakten Homosexueller, die die kommunistischen Geheimdienste und die Miliz in den achtziger Jahren gesammelt hatten, verschwunden, berichtete die Tageszeitung "Gazeta Wyborcza". AktivistInnen der Organisation "Kampagne gegen Homophobie" fürchten, dass sie zur Erpressung benutzt werden können.

Verhaftungen

Das "Rosa Archiv" entstand in den Jahren 1985-1987, als die polnische Miliz die landesweite Aktion "Hyazinthe" durchführte. Rund 11.000 Homosexuelle wurden damals verhaftet und gezwungen, Dokumente zu unterzeichnen, in denen sie ihre sexuelle Neigung bestätigten. Die Dokumente dienten danach zur Erpressung und Rekrutierung von GeheimdienstagentInnen.

Mögliche Erpressungen

Es ist unklar, was mit dem "Rosa Archiv" nach der Wende passiert ist. Jahrelang waren alle HistorikerInnen davon überzeugt, dass die Dokumente nach Auflösung der Miliz im Institut für Nationales Gedächtnis (IPN) landeten. Laut "Gazeta Wyborcza" gibt es aber das Archiv im IPN nicht. Die Dokumente sollen sich in der Hauptkommandantur der Polizei in Warschau befinden, jedoch nicht alle, sondern nur 140 Akten. Wohin verschwanden die übrigen Tausenden? Es ist möglich, dass sie von Ex-Miliz- und Geheimdienstfunktionären weggenommen wurden, die nach 1989 den Dienst verlassen mussten. Wozu? "Um die registrierten Homosexuellen zu erpressen", erklärte Robert Biedron von der "Kampagne gegen Homophobie" der Zeitung.

Die Polizei ist der Meinung, dass die übrig gebliebenen Akten sicher aufbewahrt sind und will sie nicht vernichten, was die Homosexuellen-AktivistInnen aber verlangen. "Dieses Archiv ist eine tickende Bombe", warnt Biedron. Seiner Meinung nach verstößt die Aufbewahrung dieser Dokumente gegen die Europäische Menschenrechtskonvention und die polnische Verfassung. (APA)