Wer errät folgenden Beruf zuerst? Sie arbeiten in einem zugleich altehrwürdigen Metier und im avancierten "Quartär"-Sektor der Dienstleistungsgesellschaft. Einer Wachstumsbranche, wo Jobs acht- bis neunmal so schnell wachsen wie im Durchschnitt, um 75 Prozent seit 1990. Zugleich schnuckelig klein- und mittelbetrieblich: zehn Mitarbeiter/innen um eine/n Eigentümer- unternehmer/in. Zu 90 Prozent "Frauenberuf". Dennoch gibt es kaum (nur 3,3 Prozent) klassisch "Selbstständige", Einpersonenfirmen, die typische Vereinzelung einer Zweidrittelmehrheit österreichischer Gewerbe-"Betriebe". Jeder zweite Betrieb wird von einer Frau geleitet.

Das bestätigt den Trend zur Feminisierung nicht nur minder entlohnter, sondern auch hochwertiger Dienstleistungen in F&E, Bildung, Gesundheit, Werbung, Tourismus, usw. Zuletzt wieder 10 Prozent mehr Frauenanteil gerade in der obersten Qualifikationsstufe. Einzigartig auch eine "auf den Kopf gestellte" Qualifikationspyramide, wo akademisch Ausgebildete die relativ zahlenstärkste Gruppe im Berufsfeld sind. Hohe Qualifikation geht einher mit ständiger Weiterbildung, Jobsicherheit für alle, hervorragenden Einkommen und einmalig familienfreundlicher Teil- und individueller Wahlarbeitszeit.

69 Prozent arbeiten (freiwillig!) Teilzeit, eine in keinem anderen qualifizierten Beruf auch nur annähernd erreichte, absolut einzigartige Quote. Das ist zwar international sehr modern, meist aber nur bei gering qualifizierten Frauen zu finden. Die meisten Männer sind hier in Vollzeit tätig, aber mit 34 Prozent vielfach so häufig teilzeitbeschäftigt wie andere Österreicher, die es durchschnittlich nur auf 2,8 Prozent Teilzeitquote bringen, ohne sich entmannt zu fühlen.

Dagegen scheint hier bei Frauen und Männern eine Art Vorreiterrolle in "bekundeten Arbeitszeitpräferenzen" vorzuliegen, bei der vorhandene, aber in den meisten Branchen "unlebbare" Arbeitszeitwünsche tatsächlich ausprobiert und bei Bewährung auch gelebt werden. So ist etwa die Zahl der Vollzeitbeschäftigten seit 30 Jahren unverändert, die der Teilzeitkräfte hat dagegen sehr stark zugenommen. Das zeigt sich noch stärker beim Wiedereinstieg nach der Karenz, von wo früher die Mehrzahl der Frauen in Vollzeitarbeit zurückging, heute umgekehrt 89 Prozent in Teilzeit.

Im Gegensatz zur Gesamtwirtschaft gibt es keinerlei Trend zu geringfügiger Beschäftigung oder unterwertiger Teilzeit (unter 12 Stunden wöchentlich), sondern einen Trend zu qualifizierter, vollzeitnaher Teilzeit: Die durchschnittliche Arbeitszeit beträgt 28,5 Stunden wöchentlich – fast 5 Stunden weniger als noch in den frühen 70er-Jahren. Heute arbeiten 31 Prozent Vollzeit, 26 Prozent zwischen 28 und 36 Stunden, weitere fast 20 Prozent mehr als Halbzeit, 35 Prozent zwischen 12 und 24 Stunden wöchentlich. Von außen besehen scheint man in keiner anderen Branche der Utopie individueller Wahlarbeitszeit so nahe gekommen zu sein wie in diesem Beruf in Österreich.

Fortsetzung folgt: Nacht-, Turnus- und permanente Bereitschaftsdienste ohne Schwerarbeit; Fortbildung "vom Master bis zur Bahre, Seminare, Seminare"; das Vollbeschäftigungswunder inmitten hoher Arbeitslosigkeit: mehr offene Stellen als Stellenlose; altersunabhängige Arbeitsplatzsicherung durch eine solidaristische Gehaltskasse, ein Umlage-Sozialinstitut; gleiches Gehalt für gleiche Arbeit für Frauen und Männer; perfekte Vereinbarkeit von Beruf, Familie und Freizeit; 96–98 Prozent Wiedereinstieg nach Mutterschutz/Karenz; und unglaublich aber wahr: bis zu 8, 9 Jahre späterer Pensionsantritt unter diesen Arbeitsbedingungen! (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 14.12.2005)