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Straßburg - Die einheitliche europäische Mautregelung für Lkw ist beschlossene Sache. Das Europaparlament stimmte am Donnerstag in Straßburg in zweiter Lesung der so genannten "Eurovignette" mit breiter Mehrheit zu. Die Wegekostenrichtlinie soll bereits ab nächstem Jahr gelten. Sie beendet auch einen jahrelangen Streit Österreichs mit der EU um die Brennermaut.

Die Abgeordneten billigten einen Kompromissvorschlag, der bereits vorher zwischen den großen Fraktionen und den Verkehrsministern ausgehandelt wurde. Für die entsprechenden Anträge stimmten weit mehr als 400 der 732 EU-Abgeordneten. Der EU-Ministerrat muss den Kompromiss nun noch formal annehmen, nach Angaben von Diplomaten wird dies erst unter Österreichs EU-Vorsitz ab Jänner erfolgen.

Verkehrsminister und Vizekanzler Hubert Gorbach wertete den Beschluss als "vollen Erfolg". Damit werde nach jahrelangem Ringen die für Österreich besonders heikle Transitfrage "endgültig europaweit geregelt". "Dieser neue Rechtsrahmen markiert eine wichtige Etappe hin zu einer gerechteren Gebührengestaltung zur Verwendung der Transportinfrastrukturen", begrüßte Verkehrskommissar Jacques Barrot in Brüssel die Einigung.

Vorerst Fahrzeuge mit 12 Tonnen

Die einheitliche EU-Maut gilt vorerst für Fahrzeuge mit 12 Tonnen, ab 2012 auch für Kleinlaster ab 3,5 Tonnen. In Österreich werden bereits heute Lkw mit 3,5 Tonnen bemautet. Die Ausweitung der Tonnage setzte das Europaparlament durch. Auf Druck Deutschlands gelten dafür allerdings Ausnahmen. So müssen Kleinlaster nicht einbezogen werden, wenn die administrativen Kosten über 30 Prozent betragen oder Verkehrsbehinderungen drohen.

Durch die Einigung wird die Brennermaut-Klage der EU gegen Österreich auf Eis gelegt. Eine entsprechende Zusage hatte Verkehrskommissar Jacques Barrot bereits nach der Einigung der Verkehrsminister im April gegeben. Durch den möglichen Mautaufschlag von 15 Prozent in "sensiblen Gebieten" und von 25 Prozent in Bergregionen muss die Brennermaut außerdem nicht gesenkt werden. Auf dem Brenner gilt künftig der 25-prozentige Mautzuschlag, dessen Einnahmen für den Bau des Brennerbasistunnels dienen sollen. Eine ausdrückliche Zweckmittelbindung schreibt die Richtlinie nicht vor.

Nicht einbezogen in die Mautberechnung sind vorerst Unfall-, Stau-, Umwelt- und Gesundheitskosten. Die EU-Kommission soll bis 2008 entsprechende Modelle für die Einberechnung dieser "externen Kosten" vorlegen. Eine vom Verkehrsausschuss des EU-Parlaments ursprünglich verlangte schärfere Bestimmung, wonach die Mitgliedstaaten bei Säumigkeit der Kommission automatisch ermächtigt würden, einen Mautaufschlag von 60 Prozent zu verhängen, ist in der Richtlinie auch nicht mehr enthalten.

Reaktionen

Europaabgeordnete von ÖVP und SPÖ begrüßten die Entscheidung. "Die vom Europaparlament ausgehandelte Lösung bringt mehr, als in vielen Jahren aus dem Verkehrsministerrat als Lösungsvorschlägen gekommen ist", sagte der ÖVP-Abgeordnete Reinhard Rack. Sein SPÖ-Kollege im Verkehrsausschuss Jörg Leichtfried sprach von einem "annehmbaren Kompromiss und einem ersten Schritt in die richtige Richtung". Von einer "verpassten Chance" sprach dagegen die grüne Abgeordnete Eva Lichtenberger. "Die Kosten für Gesundheitsschäden, für die Beeinträchtigung der Umwelt oder für Unfälle müssen nach wie vor von der Allgemeinheit getragen werden und bedeuten eigentlich eine unzulässige Förderung der LKW-Lawine."

Als "Schmarotzer-Wegekostenrichtlinie" bezeichnete der Chef des Transitforums Austria-Tirol, Fritz Gurgiser, neue EU-Maut für Lkw. Die Wegekostenrichtlinie ohne externe Kosten, wie etwa Gesundheits-, Unfall- oder Staukosten, schreibe das derzeitige "Horrorszenario" fort, sagte Gurgiser. Allein in Österreich gebe es 3.500 vorzeitige Todesfällen durch Luftschadstoffbelastung vor allem aus Dieselpartikeln. Daraus resultieren rund drei Mrd. Euro Kosten für die Allgemeinheit.

Der Verkehrsclub Österreich (VCÖ) spricht von einer "Niederlage für Österreich". "Diese Mautrichtlinie ist ein Schlag ins Gesicht aller transitgeplagten Anrainer", so VCÖ-Experte Martin Blum. Umwelt- und Gesundheitskosten würden weiterhin nicht in die Lkw-Maut einberechnet. Zudem werde infolge des Vielfahrerrabatts in Italien die Brennerstrecke für den Lkw-Fernverkehr attraktiver. ÖVP-Verkehrssprecher Hannes Missethon sieht einen "guten Kompromiss für Österreich". Besonders positiv sei die Beibehaltung der Mautzuschläge am Brenner. (APA)