Da kommt es nur auf die Reihenfolge an. Sagt man wie SP-Bundesgeschäftsführer Norbert Darabos: Wenn es nicht gelingt, in der Frage des Briten-Rabatts einen Kompromiss zu finden, sei die SPÖ dagegen, noch mehr zu zahlen. Oder, wie Schüssel: Wir werden mehr zahlen, vorausgesetzt, der Britenrabatt werde gekürzt und Großbritannien beteilige sich proportional an den Erweiterungskosten. Die zweite Version klingt irgendwie entschiedener, fast so, als hätte es einer dem perfiden Albion wieder kräftig hineingesagt – da hat er aus einer unpopulären Situation wenigstens einen kleinen Kanzlerbonus demonstrativer Entschlossenheit herausgeschunden. Und um die regelmäßige Fütterung solcher Schimären wird es im Wahljahr, vor allem in dessen erster Hälfte, hauptsächlich gehen.
Als letzte Chance, gewissermaßen. Schon die wenig mitreißende Inszenierung des Gedankenjahres konnte nicht verhindern, dass einige Wahlergebnisse, zuletzt und zum Drüberstreuen noch die Wahl zum ORF-Publikumsrat, die Etablierung der ÖVP als Vaterlandspartei gegen die rot-grüne Gefahr empfindlich störten. Aber auch die Hoffnung, an der EU-Präsidentschaft innenpolitisch zu genesen, erscheint zur Zeit nicht rosig. Die Stimmung in der Bevölkerung in Sachen EU ist so negativ, dass die Taktik, die SPÖ durch Einforderung von Schulterschluss taktisch zu entmündigen und im Falle von Verweigerung als Vaterlandsverräter an den Pranger zu stellen, eher den gegenteiligen als den gewünschten Effekt erzeugen dürfte.
Die Rechnung, der Bundeskanzler werde sich vor den Nationalratswahlen ein halbes Jahr lang als europäischer Staatsmann profilieren und derweil das eigene Land von seinen Statthaltern Wilhelm Molterer und Andreas Khol verwalten lassen, kann sowohl aus innenpolitischen wie auch aus EU-bedingten Gründen nicht aufgehen. Schon jetzt, noch ehe die EU-Präsidentschaft angetreten ist, wirkt Schüssels Agieren auf viele Beobachter wie eine Flucht vor den brennenden Problemen des Landes, während dieses zur Spielwiese der bizarren Zündler vom BZÖ verkommt.
Warum diese offiziell noch immer als zukunftstauglich gehätschelten Koalitionspartner dem Bundeskanzler das politische Überleben durch Abspaltung von den Freiheitlichen schwerer gemacht haben, als es bisher die Opposition vermochte, bleibt ohnehin in einem von keinem Blaulicht zu erhellenden Dunkel, wenn sie sich – wie originell! – wieder einmal auf die gute alte Ausländerfrage werfen und die ÖVP dafür auf einen "Reformdialog" festlegen wollen. Um diesen Wahlkampfknüller müssen sie sich diesmal mit den Freiheitlichen balgen, was den Wert ihrer Beihilfe zum Fortbestand einer Kanzlerschaft Schüssels noch stärker reduziert als all ihr rührendes Bemühen, regierungsfähig zu wirken.