Wien - Fast jede/r zweite Unternehmer/in in Österreich gibt an, in den vergangenen zwei Jahren Opfer wirtschaftskrimineller Handlungen geworden zu sein. Das ergab die Studie "Global Economic Crime Survey" des internationalen Wirtschafts- und Steuerberatungsunternehmens PricewaterhouseCoopers, die seit 2001 nun zum dritten Mal durchgeführt wurde. In Österreich gaben 2001 20 Prozent der Befragten an, betroffen gewesen zu sein, 2001 waren es bereits 43 Prozent, heuer schon 45 Prozent. "Damit liegen wir im internationalen Trend", sagt Dorotea Rebmann, Leiterin der Abteilung Forensische Buchhaltung und Ermittlungen bei PWC Austria, bei der Präsentation der Studie am Donnerstag. Dies bedeute aber nicht nur, dass auch die Kriminalität an sich angestiegen sei, sondern auch, dass die Sensibilität höher sei.
Der Unterschied zwischen Österreich und dem Rest der westlichen Welt ist: Hier wird vor allem unterschlagen, veruntreut und gestohlen; im Ausland werden auch eifrig Bilanzen gefälscht. Dazu bemerkt Christina Catasta von PWC: "Man muss bedenken, dass das österreichische Handelsgesetzbuch mit dem Vorsichtsprinzip manches erlaubt, was nach internationalen Bilanzierungsrichtlinien als Fälschung gelten würde."
Jedenfalls seien in Österreich 93 Prozent der Täter Männer, und fast zwei Drittel in höheren Positionen des jeweiligen Unternehmens. Laut PWC seien mangelndes Unrechtsbewusstsein ("eigentlich steht mir das zu"), ein aufwändiger Lebensstil und geringe interne Kontrollen Motive. Wohlgemerkt - es wurden die betroffenen Unternehmer/innen befragt, nicht die Täter. Motivationsprobleme, Entlassungswellen oder Karriereknicks werden als Motive nicht akzeptiert.
Motivationsproblem
Was der Realität nicht entspreche, sagt der Wirtschaftskriminalitätsexperte Maximilian Burger-Scheidlin, Geschäftsführer der Internationalen Handelskammer, die Unternehmen unter anderem in derartigen Fällen berät. Das Aufkommen von Kriminalität sei "abhängig vom Motivationslevel in Firmen, von der 'Wir-Stimmung'. Die Shareholder-Value-Philosophie ist hier in eine Sackgasse geraten." Dass ein nicht mehr finanzierbarer aufwändiger Lebensstil Manager zu Verbrechern mache, sei vorderhand schon möglich. "Aber", so Burger-Scheidlin, "warum kann man sich den Lebensstil nicht mehr leisten? Vielleicht ist dem eine Scheidung vorangegangen. Und zur Scheidung kam es wiederum, weil der Mann immer zu lange in der Firma gewesen ist, weil er Frust nach Hause gebracht hat und Ähnliches. Da gibt es tausende Interdependenzen."