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EU-Flaggen in Skopje: Mazedonier feiern den Kandidatenstatus ihres Landes.

Foto: Reuters
Auf dem EU-Gipfel wurde Mazedonien zwar der Status eines Beitrittskandidaten zugebilligt, aber unter österreichischem Vorsitz kommt eine Erweiterungsdebatte.

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Nachdem Frankreich seinen Widerstand fallen gelassen hatte, wurde auf dem EU-Gipfel Mazedonien offiziell der Status eines EU-Kandidatenlandes zugesprochen. Für die Aufnahme von Verhandlungen wurde aber explizit kein Datum genannt. Davor müsse es noch eine breite Debatte darüber geben, wie eine künftige Erweiterung aussehen solle, teilte die britische EU-Präsidentschaft nach dem Gipfeltreffen der Staats- und Regierungschefs mit.

Erst im kommenden Juni wollen die Staats- und Regierungschefs grundsätzlich entscheiden, in welchem Tempo und nach welchen Regeln künftig Erweiterungsverhandlungen geführt werden sollen. War doch nicht nur aus Frankreich Kritik am Tempo der Erweiterung laut geworden. Dennoch wurde in Skopje am Samstag vor allem gefeiert: "Wir wissen, dass wir im Herzen Europas echte Freunde haben", freute sich der mazedonische Regierungschef Vlado Buckovski.

"Antwort auf die großen Fragen"

Mit der angekündigten breiten Grundsatz-Debatte über die Erweiterung kommt auf die österreichische EU-Präsidentschaft eine gewichtige Aufgabe zu. "Die österreichische Präsidentschaft muss jetzt Antwort auf die großen Fragen geben. Dazu gehört vor allem: Wie viele Mitglieder kann die EU noch verkraften", sagte der Vizepräsident der EU-Kommission, Günter Verheugen, Bild am Sonntag. Verheugen, einst EU-Erweiterungskommissar, nun für Industrie und Wettbewerbsfähigkeit zuständig, "die Krise der EU nach diesem Gipfel noch nicht bewältigt".

Österreich will die Beziehungen der EU zu den Staaten des Westbalkans vertiefen. Dies gehört zu den Schwerpunkten der EU-Präsidentschaft. Nachdem deutsche und französische Diplomaten bereits einen Sondergipfel zur EU-Erweiterung gefordert hatten, ist nicht ausgeschlossen, dass die Organisation eines weiteren Gipfeltreffens auf Wien zukommt.

Türkei-Screening

In die Zeit der EU-Präsidentschaft fallen wichtige Entscheidungen über die zukünftige Ausgestaltung der Union. So soll im Juni entschieden werden, ob Rumänien und Bulgarien schon 2007 oder wegen verzögerter Reformen und Defizite bei der Korruptionsbekämpfung erst 2008 der EU beitreten können.

Auch der Start der eigentlichen Beitrittsverhandlungen mit der Türkei und Kroatien könnte in das nächste Halbjahr fallen. Bisher erfolgte nur der offizielle Startschuss, verhandelt wurde aber noch nicht. Derzeit läuft das so genannte Screening, der Vergleich der Gesetzestexte. Auch die Verhandlungen über eine mögliche staatliche Unabhängigkeit des Kosovo und das von Montenegro angekündigte Unabhängigkeitsreferendum dürften Einfluss auf die Agenda der österreichischen Präsidentschaft haben. (DER STANDARD, Printausgabe 19.12.2005)