La Paz - Unmittelbar nach seinem Sieg bei der Präsidentschaftswahl in Bolivien hat der Sozialist Evo Morales erste Schritte zur Verstaatlichung der Gasvorkommen des Landes angekündigt. Seine Regierung werde die Eigentumsrechte an den natürlichen Gasvorkommen von ausländischen Firmen übernehmen, sagte Morales am Montag.

"Eigentumsrechte an den Bohrlöchern gibt es nicht mehr. Das ist vorbei. Wir brauchen Partner, nicht Besitzer." Dies bedeute aber nicht, dass internationale Konzerne enteignet oder etwa deren Anlagen konfisziert würden. Die Technologie werde benötigt, Dienstleistungen der Konzerne würden bezahlt. "Wenn sie die bolivianischen Regularien akzeptieren, sind sie als Partner willkommen. Aber sie können nicht diejenigen sein, die die Eigentumskontrolle haben."

90 Prozent wird exportiert

Bolivien verfügt über Südamerikas zweitgrößte Gasvorkommen, 90 Prozent davon gehen in den Export. Morales hatte im Wahlkampf eine Verstaatlichung der Gasvorkommen des Landes angekündigt. Bolivianischen Medien zufolge entfielen bei dem Urnengang am Sonntag etwas mehr als 50 Prozent der Stimmen auf ihn - deutlich mehr als von Experten erwartet.

Damit steht erstmals in der Geschichte des Landes ein Indio vor der Übernahme der Präsidentschaft Boliviens. Das offizielle Endergebnis wird erst in einigen Tagen feststehen. Morales' Gegenkandidaten gestanden ihre Niederlage ein.

Die Aktien des in Bolivien aktiven spanischen Öl- und Gaskonzerns Repsol verloren 2,3 Prozent an Wert. Mit Morales als Präsidenten Boliviens würde sich der allgemeine Linksruck in Südamerika fortsetzen, der zuletzt bei Wahlen in Argentinien, Brasilien, Uruguay und Venezuela sichtbar geworden war.

Morales gilt als scharfer Kritiker der USA. Der 46-Jährige, der die "Bewegung zum Sozialismus (MAS)" anführt, will den Anbau von Kokapflanzen erlauben. Zwar kauen Indios Kokablätter traditionell, um sich gegen die Höhenkrankheit zu wappnen. Allerdings ist die Pflanze auch wichtig für die Herstellung von Kokain. Bolivien ist der drittgrößte Kokainproduzent der Welt nach Kolumbien und Peru. Die USA wiederum führen einen Kampf gegen Drogen und deren Anbau. Die Regierung hatte bereits angekündigt, nach der Wahl ihre Beziehungen zu Bolivien überprüfen zu wollen.

"Ab Morgen beginnt ein neuer Teil in der Geschichte Boliviens. Eine Geschichte, in der wir Gleichberechtigung, Gleichheit, Frieden und soziale Gerechtigkeit sehen werden", rief Morales noch am Sonntag Hunderten Anhängern vor seinem Hauptquartier in Cochabamba zu. In dem ärmsten Land Südamerikas fühlen sich die Indios von der aus Europa stammenden Elite ausgebeutet.

In den vergangenen drei Jahren waren in Bolivien zwei Präsidenten gestürzt worden. Die Revolten sind Ausdruck der Ungeduld der verarmten eingeborenen Bevölkerung angesichts der ungelösten sozialen Frage im Land. Erst im Juni war Präsident Carlos Mesa zurückgetreten.

Zuvor hatte es wochenlang teils gewaltsame Proteste der Indios für eine Verstaatlichung der Erdgas-Vorkommen gegeben. Die Demonstranten hatten zudem einer gesellschaftlichen Elite sowie ausländischen Firmen vorgeworfen, einseitig von der Verwertung der Bodenschätze zu profitieren. (APA/Reuters)