Bild nicht mehr verfügbar.

Foto: Reuters/ALESSIA PIERDOMENICO
Rom - Nach fünf Monaten nervenzermürbendem Widerstand hat Italiens skandalumwitterter Notenbankchef Antonio Fazio kapituliert. Der 69-jährige Gouverneur reichte am Montag beim Aufsicht der Zentralbank seinen - von allen Parteien des Landes geforderte - Rücktritt ein. Er habe den Beschluss im Interesse des Landes und des Kreditinstitutes getroffen, schrieb der Notenbankchef in einer Presseerklärung.

In seinem Rücktrittsschreiben betonte Fazio, er habe seinen Beschluss aus freien Stücken und "mit ruhigem Gewissen" gefasst. Offiziell wird Fazio seine Demission dem am Dienstag tagenden Aufsichtsrat der Banca d'Italia einreichen. Das Gremium muss auch einen Nachfolger für den seit 1993 amtierenden Notenbankchef ernennen.

Die Regierung in Rom hatte in den letzten Tagen alle Hebeln in Bewegung gesetzt, um den mächtigen Notenbankchef aus dem Amt zu drängen. Gegen Fazio ermittelt die Mailänder Staatsanwaltschaft wegen Insiderhandels, was in Italien mit bis zu sechs Jahren Haft bestraft werden kann.

Reform der Notenbank

Der Ministerrat will am Dienstag eine Reform der Notenbank über die Bühne bringen. Regierung und Opposition in Rom haben sich auf eine Gesetzesänderung verständigt, wonach der Notenbankchef künftig nicht mehr vom Rat der Banca d'Italia, sondern von der Regierung ernannt wird.

Die Reform der italienischen Zentralbank sieht auch vor, dass der Gouverneur demnächst nicht mehr auf Lebenszeit sondern für fünf Jahre gewählt wird. Diese Ernennung muss jeweils von einer Zweidrittelmehrheit im Parlament abgesegnet werden. Fazio ist somit der letzte Notenbankchef, der lebenslänglich ernannt worden war. Der Zentralbankchef soll künftig bloß einmal im Amt bestätigt werden können. Italienische Kommentatoren sprachen vom "Ende einer Ära" in Italien.

Die italienische Politik begrüßte einstimmig den Rücktritt des Notenbankchefs. "Fazios Rücktritt war an der Zeit, leider hat er sich zu spät zur Demission entschlossen und Italiens Image im Ausland einen großen Schaden zugefügt", kommentierte der Ex-Starermittler Antonio Di Pietro. Die Lega Nord, die bis vor wenigen Tagen Fazio Rückendeckung gesichert hatte, forderte Respekt für den Beschluss des Gouverneurs.

Wilde Spekulationen über Nachfolger

Wilde Spekulationen sind bereits um einen Ersatz für den "Skandal-Gouverneur" im Gange. Beste Chancen werden dem 68-jährigen Wirtschaftsexperten Tommaso Padoa-Schioppa eingeräumt, der Ende Mai aus dem Direktorium der Europäischen Zentralbank (EZB) ausgeschieden. Als weitere Kandidaten für den Gouverneursposten gelten der ehemalige Generaldirektor des Schatzamtes und jetzige Goldman-Sachs-Manager Mario Draghi (58) sowie der Direktor des Finanzministeriums Vittorio Grilli (48).

Fazio wird seit Monaten vorgeworfen, im Übernahmekampf um die Banca Antonveneta die italienische Bank Popolare Italiana (BPI) gegenüber der niederländischen Bank ABN Amro bevorzugt zu haben. In den vergangenen Tagen hatte sich die Affäre zugespitzt: Am Dienstag hatte die EU ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Italien eröffnet.

Am gleichen Tag verhaftete die Staatsanwaltschaft Gianpiero Fiorani, den früheren Chef der BPI. Anschließend berichtete die Presse aus beschlagnahmten Unterlagen, dass Fiorani seinem Freund Fazio sowie dessen Familie teure Weihnachtsgeschenke gemacht habe. Fiorani wurde am Samstag von der Mailänder Staatsanwaltschaft über zehn Stunden lang vernommen. (APA)