Lausanne – Als erste von fünf Schweizer Universitätskliniken akzeptiert das Centre Hospitalier Universitaire Vaudois (CHUV) in Lausanne ab dem kommenden Jahr die Sterbehilfe. Wenn die rechtlichen Voraussetzungen dafür erfüllt sind, kann ein Patient in dem Krankenhaus mithilfe der Sterbehilfeorganisation Exit seinem Leben ein Ende bereiten.

"Wir werden aber in unserer Klinik niemanden akzeptieren, der mit dem einzigen Ziel ins Spital kommt, sein Leben zu beenden. Ziel eines Krankenhausaufenthalts bleibt die therapeutische Behandlung", sagte der für Recht und Ethik an der Klinik verantwortliche Alberto Crespo. Vom Personal der Universitätsklinik solle aber auch niemand dazu gezwungen werden, bei der Sterbebegleitung mitzuhelfen.

"Selbstmordtourismus"

Mit diesem Hinweis bezog sich Crespo auf den in den EU- Ländern kritisierten "Selbstmordtourismus": Immer mehr Sterbewillige reisen in die Schweiz, um dort ihrem Leben ein Ende zu setzen. Die Sterbehilfeorganisation Exit ist bereits jetzt im Schweizer Kanton Waadt bei Privatleuten zu Hause tätig. Bisher war sie aber nicht autorisiert, auch in den Krankenhäusern aktiv zu werden.

Eigentötung

Voraussetzungen für diese Sterbehilfe sind der klar geäußerte Wille des Patienten, eine unheilbare Krankheit oder der unmittelbar bevorstehende Tod. Der Patient muss zudem selbst in der Lage sein, durch Einnahme eines Medikaments sein Leben zu beenden. Als einziges Land der Welt hat die Schweiz seit den Dreißigerjahren ein Gesetz, das die Hilfe zur Selbsttötung auch ohne ärztliche Betreuung erlaubt. In den vergangenen Jahren führte die stark steigende Zahl an älteren Menschen und an Alzheimerkranken dazu, dass immer mehr Schweizerinnen und Schweizer die Sterbehilfe positiv beurteilen.

In Österreich verboten

In Österreich ist aktive Sterbehilfe verboten, die Regierung bevorzugt Sterbebegleitung. Deshalb wurde im Oktober die Karenzzeit für Familienangehörige, die Sterbende oder schwerstkranke Kinder pflegen wollen, von sechs auf neun Monate verlängert. Allerdings nahmen seit Einführung dieser Karenz im Jahr 2002 nur rund 1100 statt der erwarteten 15.000 Menschen eine derartige Karenzzeit in Anspruch – die meisten davon waren Mütter, die ihre Kinder pflegen wollten. (AP, kps, DER STANDARD-Printausgabe 20.12.2005)