Ferrero-Waldner: Ich sehe das nicht in einem Schema "links oder rechts", sondern vielmehr, wie man die Demokratie verbessern kann. Es wird auch einige EU-Wahlbeobachtungen geben. Wir entscheiden das nach dem Einzelfall. Wir haben vor Kurzem Beobachter zur Parlamentswahl nach Venezuela geschickt. In Venezuela wurde von der Regierung einiges getan, um das Vertrauen zu verbessern. Es wurde aber nicht genug getan, das Vertrauen der Menschen in den Wahlprozess zu festigen. Ich hoffe, dass die Empfehlungen der EU umgesetzt werden. Es geht nicht darum, ob Wahlen rechts oder links ausgehen, sondern darum, ob Demokratiedefizite ausgeglichen werden können.
Standard: Was erwarten Sie nach den Wahlen in Bolivien?
Ferrero-Waldner: Ich hoffe, dass alle Parteien sich bemühen, demokratische Einrichtungen aktiv fortzuentwickeln. Wir werden zusammenarbeiten, um bei bestehenden Schwierigkeiten bei Verfassungs- und Institutionenreformen an die Hand zu gehen.
Standard: Sehen Sie nach dem Amerika-Gipfel mit US-Präsident George Bush, der im November im Streit endete, in Südamerika eine Bewegung weg von den USA, hin zu Europa?
Ferrero-Waldner: Diese Staaten waren immer schon sehr stark in Richtung Europa orientiert. Dann hat es durch wirtschaftliche Entwicklungen stärkere Verbindungen zu Amerika gegeben. Heute müssen wir unsere Chancen für eine verbesserte Zusammenarbeit nutzen. Das ist ein Nehmen und Geben. Von unserer Seite ist klares Interesse da.
Standard: Wo liegt für Europa der Vorteil einer vertieften Partnerschaft mit dieser Region?
Ferrero-Waldner: Europa ist schon heute der größte Investor, der wichtigste Handelspartner Lateinamerikas. Es geht aber nicht nur um Wirtschaft, wir haben auch die gleiche Kultur, die gleichen Wurzeln. Lateinamerika hat große Fortschritte gemacht, auch bei der regionalen Integration. Natürlich hoffen wir, dass wir mit dem Mercosur die Verhandlungen abschließen und mit den Ländern Mittelamerikas und der Andengemeinschaft die Verhandlungen über Assoziationsabkommen beginnen können.
Standard: Ist die Situation für ein Abkommen mit den Ländern des Mercosur (Argentinien, Brasilien, Paraguay und Uruguay) nicht noch schwieriger, nachdem nun auch Venezuela beigetreten ist?
Ferrero-Waldner: Ich finde, man muss der neuen Situation eine Chance geben und zuerst einmal sehen, dass dadurch die regionale Integration gestärkt werden wird. Es gehören immer zwei zu einem Abschluss. Wir müssen auch schauen, wie der WTO-Prozess nach Hongkong läuft. Ich hoffe noch immer, dass wir bei einem Ministertreffen bald im nächsten Jahr zu einem Abschluss kommen werden.
Standard: Erwarten Sie, dass beim EU-Lateinamerika-Gipfel in Wien das Mercosur-Abkommen beschlossen wird?