Foto: Rabenhof/Rita Newman
Wien - Gogol und Schostakowitsch in weiter Ferne: Bachmann-Preisträger Franzobel verdichtete sein Kinderbuch Die Nase zu einem bühnentauglichen, amüsanten Szenario rund um die ungeliebte Nase von Gottfried. Der ist eigentlich okay, aber weil das Organ genug hat von den Beschimpfungen, rutscht es aus Gottfrieds Gesicht und geht, klar, immer der Nase nach.

Es sieht sich um - sinnbildlich - nach einer neuen Stelle. Die Wanderschaft auf der Suche nach der eigenen Bestimmung führt es - und den seine Nase suchenden Gottfried (Markus Schöttl) sowie seine Schwester Gerlinde (Antje Marta Schäffer) - von einem Thrill zum nächsten. Ihnen zur Seite stehen Sonja Ro- mei, Birgit Linauer, Alexander Braunsöhr und Reinhold G. Moritz. Regisseur Georg Staudacher gestaltet die Odyssee so, dass der Läuterungspfad schließlich zur Identitätsfindung beiträgt. Zur Musik: Komponist Michael Mautner verordnet der Nase anspruchsvolle Musiknummern. Mit wortspielerischen Versen und Anleihen bei Puccini und Trappatoni muss sie sich gegen einen wirklich penetranten Ohrputzer wehren, der nur mit Nasenrotz in die Flucht zu schlagen ist.

Vielfalt herrscht: Weitere Wegbegleiter sind etwa ein militanter austriakischer Maulwurf, eine gefräßige italophile Riesenmaus oder eine rätselhafte Sphinx. Jetzt hat das Theater im Rabenhof - jüngst mit einem "Nestroy" ausgezeichnet - erstmal also eine Kinderoper für ein sechs-bis zehnjähriges kritisches Publikum aufgelegt.

Diesem gefällt die Art zeitgenössischer Musik mit dramatischen Videoeinspielungen, Bodypercussion - auch ein Kanon ("Der Gottfried hat einen großen Zinken"), eine Arie ("Ich hasse meine Nase") oder ein Quintett ("Gute Nacht") können schon einmal dabei sein. Mit den Worten der fetten Maus geht es auch ein bisschen ins Philosophische: "Und denk daran, dass du in Gottfrieds Gesicht zwar groß bist, aber in der weiten Welt bist auch du mäuseklein". (DER STANDARD, Printausgabe, 20.12.2005)