Kálmáns Operettenwelt wird in Graz szenisch heiter und musikalisch intensiv präsentiert.

Foto: Grazer Oper
Auf der einen Seite die zuckersüßen Mesalliancen à la Courths-Mahler, auf der anderen der längst heruntergekommene Spätfeudalismus am Vorabend des Ersten Weltkriegs - kaum eine andere Operette jongliert so virtuos mit der Doppelbödigkeit von Sein und Schein wie Kálmáns Csárdásfürstin. Doch nicht nur die Dramaturgie, auch die Musik hat ihre Zwiespältigkeiten. Über den Fundus an Ohrwürmern legt sich bisweilen ein düsterer Schleier fern aller Paprikaseligkeit. In diesen Momenten liefern die Noten den Subtext zu den Geheimnissen, denen die Protagonisten in ihrem Standeskäfig ausgeliefert sind. Robert Herzls Inszenierung verschließt sich diesen Aspekten keineswegs, obwohl sie in erster Linie auf das Prinzip der unerschütterlichen Komödiantik ohne rebellische Ausdeutungen setzt.

Inmitten all der Polkas und Walzer ist es Dirigent Rudolf Bibl hoch anzurechnen, dass er auch den schattigen Facetten nachzuspüren vermag. Ansonsten wird mit Pusztaschmalz und Schmäh gegeigt, geblasen und getrommelt, was das Zeug hält. Diese Stimmung lodert auf das spielfreudige Ensemble über. Elisabeth Flechl versieht die Titelrolle mit viel Charme und Verführungskunst; Dietmar Kerschbaum behauptet sich als eleganter, mit reichen vokalen Valeurs ausgestatteter Edwin.

Der seine Stimm- und Kreuzbänder gleichermaßen virtuos beherrschende Daniel Prohaska und Dorit Machatsch sind als Buffo-Pärchen Boni und Stasi ideal besetzt; Tibor Szolnoki entfaltet als Lebemann Feri bácsi sein Talent ebenso köstlich wie Klaus Ofczarek und Uschi Plautz als Fürstenpaar oder Artur Ortens als herrlicher Oberleutnant. (sta/DER STANDARD, Printausgabe, 20.12.2005)