Ramallah - Die regierende palästinensische Fatah-Bewegung hat einen wochenlangen Streit über die Kandidatenauswahl für die Parlamentswahlen im Jänner beigelegt und wird mit dem in Israel inhaftierten Intifada-Führer Marwan Barghouti als Listenführer antreten. Die radikale Hamas und zehn weitere Gruppen fordern, dass die für den 25. Jänner angesetzten Wahlen im Westjordanland und Gaza-Streifen auf jeden Fall abgehalten werden, auch wenn Israel die Teilnahme der in Jerusalem lebenden Palästinenser verhindert.

Wie die palästinensischen Radiosender am Freitag nach einer Sitzung des Fatah-Zentralkomitees in Ramallah meldeten, konnte die Gefahr einer Spaltung gebannt werden. Barghoutis Anhänger hatten kürzlich die Bildung einer neuen Wahlliste mit der Bezeichnung "Die Zukunft" bekannt gegeben, nachdem Ministerpräsident Ahmed Korei zum Fatah-Spitzenkandidaten nominiert worden war. Der Streit war offen ausgebrochen, als Präsident Mahmoud Abbas einige bei den Fatah-Vorwahlen siegreiche Bewerber gestrichen und an deren Stelle Vertreter der alten Garde mit Listenplätzen bedacht hatte. Jüngere Fatah-Mitglieder verurteilten diesen Schritt als undemokratisch. In der Nacht auf Freitag kam es schließlich zu einem klärenden Gespräch zwischen Abbas und dem Sprecher der "Zukunft", Kadura Fares. Die Fatah stellte bisher drei Viertel der 88 Mitglieder des 1996 gewählten palästinensischen Legislativrates.

Aus israelischen Regierungskreisen war verlautet, die in Jerusalem lebenden Palästinenser dürften an den Wahlen nicht teilnehmen - auch nicht per Briefwahl. Der palästinensische Interims-Regierungschef Nabil Shaath erklärte daraufhin, in einem solchen Fall werde die Wahl abgesagt. Israel will die Teilnahme der Hamas an den Wahlen verhindern. Nach jüngsten Umfragen würden 40 Prozent für die Hamas votieren, die bei Kommunalwahlen bereits große Erfolge verbuchen konnte. Der israelische Verteidigungsminister Shaul Mofaz hat die Streitkräfte angewiesen, sich auf eine neue Welle palästinensischer Gewalt vorzubereiten.

Die Hamas forderte Abbas am Freitag auf, sich zuerst um verstärkten internationalen Druck zu bemühen, damit Israel die Beteiligung der Palästinenser in Jerusalem an den Wahlen zulasse. Wenn dies nicht gelinge, müsse man nach anderen Lösungen Ausschau halten, hieß es in der Stellungnahme. Im Gespräch ist unter anderem, die für Ostjerusalem vorgesehenen Sitze in dem künftig aus 132 Abgeordneten bestehenden palästinensischen Legislativrat mit ernannten Mandataren zu besetzen.

Abbas steht wegen der sich abzeichnenden Hamas-Erfolgschancen in den eigenen Reihen unter Druck, die Wahl nach Möglichkeit zu verschieben. Die Jerusalem-Frage gehört zu den Hauptstreitpunkten im Nahost-Konflikt. Die Israelis betrachten ganz Jerusalem als ihre "ewige und unteilbare" Hauptstadt, die Palästinenser beanspruchen den 1967 von Israel eroberten arabischen Ostteil als Hauptstadt ihres künftigen Staates. (APA/dpa/Reuters)