Wien - Nach Problemen mit der Korrektur von angeborener Immunschwäche bei Kindern durch Gentherapie schien diese innovative Behandlungsform stark gebremst. Doch jetzt fasst sie offenbar wieder Tritt. "Ziemlich unbemerkt durch die Weltöffentlichkeit wurde in China im April 2004 die erste Gentherapie generell zugelassen. Mittlerweile hat man dort schon mehr als 3.000 Patienten mit HNO-Karzinomen auf diese Weise behandelt", sagte jetzt Brian Salmons, Geschäftsführer für Forschung und Entwicklung des österreichischen Biotech-Unternehmens Austrianova, nach einer Fachkonferenz zum Thema "Gentherapie im 21. Jahrhundert" (9. bis 11. Dezember) in Shenzen.

Co-Veranstalter der Tagung mit mehreren hundert internationalen Fachleuten war das chinesische Biotech-Unternehmen SiBiono GeneTech Co. Den Wissenschaftern um Dr. Zhaohui Peng ist eine Pionierleistung gelungen. Salmons: "Mit 'Gendicine' hat die Firma weltweit das erste Gentherapie-Produkt erfolgreich auf dem Markt platziert. Es handelt sich um Adenovirus-Vektoren, welche das p53-Wächter-Gen in Tumorzellen hinein bringen."

Programmierter Selbstmord

Für die normale Therapie zugelassen wurde 'Gendicine' in China unter Voraussetzungen, die durchaus jenen in den USA und Europa ähnlich sind, für Patienten mit Karzinomen im HNO-Bereich. 50 bis 70 Prozent aller Karzinome weisen Mutationen im p53-Gen auf, das an sich bösartige Zellen in den programmierten Selbstmord treiben sollte. Durch die Gentherapie sollen wieder funktionsfähige Kopien des Gens in die Krebszellen eingeschleust und diese damit bekämpft werden.

Austrianova-Gründer Univ.-Prof. Dr. Walter Günzburg fasste die guten Studienergebnisse mit "Gendicine" bei Patienten mit schwer behandelbaren HNO-Karzinomen so zusammen: "In den Phase-II und Phase-III-Untersuchungen, die zwischen November 2000 und Mai 2003 mit 135 Patienten solchen Tumoren im Spätstadium abliefen, kam es bei 64 Prozent der Kranken zu einem kompletten Rückgang der Erkrankung. Das erfolgte nach acht wöchentlichen Injektionen von 'Gendicine' in den Tumor und gleichzeitiger Strahlenbehandlung. Bei weiteren 29 Prozent der Kranken bildete sich der Tumor zumindest noch teilweise zurück."

Dreimal höhere Überlebensrate

Salmons: "Mittlerweile hat man beobachtet, dass solche Patienten, die auf diese Weise gentherapeutisch behandelt wurden, eine im Vergleich zu einer konventionellen Behandlung dreifach höhere Überlebensrate aufweisen."

Doch auch auf anderer Ebene geht die Entwicklung weiter. "Ark Therapeutics Group" hat bei der europäischen Arzneimittelagentur EMEA sein Gentherapeutikum "Cerepro" zur Zulassung eingereicht. Es soll über einen Adenovirus-Vektor in Tumorzellen bei Gliom-Erkrankungen (Gehirn) das Gen für das Enzym Thymidin-Kinase einschleusen. Behandelt man die Patienten dann mit dem Antivirus-Präparat Gancyclovir, wird daraus in den Gliom-Zellen ein wirksames Chemotherapeutikum. Kurz vor der Marktzulassung steht in den USA ein dem chinesischen Produkt ähnliches Gentherapeutikum von Introgen auf p53-Basis.

Andere Tumor-Arten im Visier

Austrianova bereitet derzeit eine groß angelegte Zulassungsstudie für seine NovaCaps-Gentherapie bei Bauchspeicheldrüsenkrebs vor. Dabei wird mit kleinen Kapseln soll in den Tumor das Enzym Zytochrom P450 eingeschleust. Dann erhalten die Patienten das Zytostatikum Isofosfamid verabreicht. Das Enzym soll dann im Tumor zielgerichtet die eigentlich wirksame Form des Chemotherapeutikums produzieren. Für die Phase-III-Studie wird derzeit das Testmedikament produziert. Diese Untersuchung soll Ende 2006 starten. Die Markteinführung ist für das Jahr 2008 geplant. (APA)