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Wifo-Chef Karl Aiginger (li) spricht von "Konjunkturbelebung", die man noch nicht "Aufschwung" nennen kann und IHS-Chef Bernhard Felderer (re) nennt Arbeitslosenquote "bösartiges Problem".

Foto: APA/Artinger
Wien - Wifo-Chef Karl Aiginger wartete am Donnerstag mit zwei guten und einer schlechten Nachricht auf: Österreichs Wirtschaft erholt sich und wächst 2006 schneller als der Euroraum, dazu kommen 34.000 neue Arbeitsplätze. Dennoch: Beide Positivtrends seien nicht stark genug, um die Rekordarbeitslosigkeit abzubauen. Bis 2007 rechnen Wifo und Institut für Höhere Studien mit einer konstant hohen Arbeitslosigkeit von im Jahresdurchschnitt 254.000 Betroffenen. Aiginger: "Der Arbeitsmarkt war das Sorgenkind der letzten Jahre und wird das Sorgenkind der nächsten Jahre bleiben."

Das im kommenden Jahr auf 2,4 Prozent (Wifo) beziehungsweise 2,3 Prozent (IHS) anspringende Wirtschaftswachstum erklärt IHS-Chef Bernhard Felderer mit der Erholung des Ölpreises und dem günstigeren Euro-Dollar-Wechselkurs. Dazu kommt die Annahme kräftig steigender Investitionen im kommenden Jahr. Wenig Belebung erwarten die Ökonomen hingegen beim privaten Konsum.

Vorziehkäufe im Jahr 2006

Einigkeit herrscht unter den Wirtschaftsforschern, dass im erwarteten Zusatzwachstum des Jahres 2006 von 0,4 bis 0,5 Prozentpunkte ein guter Teil aus dem Effekt resultiert, dass in Deutschland 2007 die Mehrwertsteuer deutlich angehoben wird. Dadurch seien Vorziehkäufe im Jahr 2006 zu erwarten, was sich auch günstig auf Österreichs Konjunktur auswirken werde.

Uneins sind sich die Experten, ob auch Österreichs EU-Präsidentschaft der Wirtschaft etwas bringt. Für den Wifo-Tourismus-Experten Egon Smeral besteht kein Zweifel daran, dass zusätzliche Ausgaben und die verstärkte Reisetätigkeit zu einem nennenswerten BIP-Effekt führen wird. Zum STANDARD sagte er, dieser Effekt werde zumindest 0,1 Prozentpunkte betragen - was in etwa 250 Millionen Euro bedeuten würde. Genauer werde man dies aber erst nach dem EU-Präsidentschaft in kommenden Juli sagen können, so Smeral.

Streit um EU-Effekt

Ulrich Schuh vom IHS sieht dagegen keine relevanten ökonomischen Auswirkungen. Schon 1998 habe es etwa bei den Nächtigungen "kein auffälliges Plus" gegeben, dazu komme, dass die Österreichs Präsidentschaft heuer "weniger spektakulär" als vor sieben Jahren ausfallen werde.

Pessimistischer als Finanzminister Karl-Heinz Grasser ist das Wifo über den Budgetkurs. Während Grasser annimmt, dass Österreichs Budgetdefizit von 1,9 Prozent heuer auf 1,7 Prozent im Jahr 2006 und weiter auf 0,8 Prozent im Jahr 2007 sinken wird, erwartet das Wifo, dass das Budgetdefizit 2006 sogar steigt - und zwar auf 1,9 Prozent. Außerdem werde es im Jahr 2007 lediglich auf 1,5 Prozent sinken, sagt das Wifo.

Überhaupt sind Wifo und IHS für das Jahr 2007 wieder etwas pessimistischer, obwohl beide Institute betonen, wie unsicher Aussagen über 2007 seien. Beide Häuser nehmen dennoch aus heutiger Sicht an, dass sich das Wirtschaftswachstum 2007 wieder auf 2,0 Prozent (Wifo) oder 2,2 Prozent (IHS) leicht abkühlen wird. Ein Grund dafür dürfte sein, dass nach den kommenden Nationalratswahlen das Budget unabhängig von der Zusammensetzung der nächsten Regierung kräftig konsolidiert werden muss, und daraus auch konjunkturdämpfende Effekte zu erwarten sind, sagte Wifo-Budgetexpertin Margit Schratzenstaller. (Michael Bachner, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 23.12.2005)