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Die Regierungsfraktionen sind mit Angela Merkels Performance auf dem jüngsten EU-Gipfel hochzufrieden.

Foto: Reuters/Schwarz
Berlin - Durch den von der deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) ausgehandelten EU-Haushaltskompromiss erhöht sich der deutsche Nettobeitrag an die EU in einer Größenordnung von etwa zwei Milliarden Euro. Ein entsprechender Bericht der "Berliner Zeitung" vom Freitag sei in Größenordnung und Tendenz zutreffend, sagte Vizeregierungssprecher Thomas Steg am Freitag vor Journalisten in Berlin.

10,4 Milliarden Euro jährlich

Dem Bericht zufolge steigt der deutsche Nettobeitrag auf 10,4 Milliarden Euro jährlich. SPD und Union verteidigten diesen Zuwachs. Bei realistischer Betrachtung habe immer klar sein müssen, dass Deutschland durch eine Einigung in Brüssel stärker in Anspruch genommen werde, erklärte SPD-Fraktionsvizechef Joachim Poß.

Steg verwies darauf, dass sich mit der Erweiterung der EU die Kosten der Gemeinschaft insgesamt erhöht hätten. Die Solidarität der alten EU-Mitlieder mit den Beitrittsländern dürfe "nicht nur Sonntagsfloskel sein". Der Vizeregierungssprecher betonte zugleich, dass Deutschland durch die ursprünglichen Planungen für den EU-Haushalt stärker belastet worden sei als es mit der erzielten Einigung schließlich der Fall sei. "Wir werden weniger abführen, als wir gedacht haben, aber mehr als in der Vergangenheit." Das sei aber der Preis, den Deutschland gerne für die europäische Einigung zu zahlen bereit sei. Er wies darauf hin, dass Deutschland mit seiner exportorientierten Wirtschaft besonders vom Binnenmarkt profitiere. Dies schlage sich im Nettobeitrag nicht nieder.

Der Nettobeitrag ist die Differenz zwischen den Überweisungen nach Brüssel und den Rückflüssen in Form von Agrarbeihilfen oder Strukturförderung, etwa für Ostdeutschland. Zwar stiegen diese Rückflüsse den deutschen Schätzungen zufolge in der Finanzperiode bis 2013 leicht an, weil die EU-Ausgaben insgesamt wachsen, hieß es in der "Berliner Zeitung". Die Überweisungen von Berlin nach Brüssel aber erhöhten sich wesentlich stärker - von zuletzt 20 Milliarden auf über 23 Milliarden Euro jährlich. Andere EU-Staaten wie Italien oder Spanien hätten beim Brüsseler Gipfel vergangene Woche zum Ausgleich höhere Rückflüsse ausgehandelt. Deutschland werde nun auch im Verhältnis zu seiner Wirtschaftskraft größter Nettozahler der Union.

"Hosianna für Merkel"

Der stellvertretende Bundestagspräsident Wolfgang Thierse (SPD) sagte, er habe "das Hosianna für Frau Merkel mit einer gewissen Sympathie gesehen, aber doch auch mit Erstaunen". Die Tradition, dass Deutschland am Schluss die europäischen Kompromisse immer zu zahlen habe, habe man beenden wollen. "Aber in der konkreten Situation war es eine durchaus vernünftige Entscheidung von Frau Merkel", sagte Thierse im Bayerischen Rundfunk nach Mitteilung des Senders weiter. Die Deutschen hätten keinen Gewinn davon gehabt, wenn sich die europäische Krise fortgesetzt hätte.

Poß erklärte, trotz der EU-Erweiterung hätte der Gesamtfinanzrahmen auch Dank deutscher Verhandlungsführung begrenzt werden können. Der EU-Haushalt diene auch dazu, die wirtschaftlich schwächeren Partner durch finanzielle Unterstützung an die stärkeren Mitglieder heranzuführen.

Stoiber: "Wichtiger Fingerzeig"

Der CSU-Vorsitzende Edmund Stoiber verwies in der "Welt am Sonntag" auf die Unterstützung der Kanzlerin für zusätzliche Zahlungen an Polen. "Frau Merkels Zugehen gerade auf unsere polnischen Nachbarn war auch ein wichtiger Fingerzeig für das deutsch-polnische Verhältnis." Auch den Vorschlag der Kanzlerin, der Bund solle den neuen Ländern einen Ausgleich für den EU-Finanzkompromiss zahlen, rechtfertigte Stoiber. "Wenn europäische Mittel ausfallen, haben die neuen Länder natürlich Gesprächsbedarf", sagte Stoiber. Was allerdings bei solchen Gesprächen zwischen Bund und neuen Ländern herauskomme, sei offen. Auch Unionsfraktionsvize Michael Meister verteidigte die deutschen EU-Zahlungen unter Hinweis auf die EU-Erwartungen. Die mittelosteuropäischen Beitrittländer "stabilisieren Europa insgesamt, geben uns neue Chancen, was den Außenhandel insgesamt betrifft".

Scharfe Kritik der FDP

Die FDP kritisierte den EU-Haushaltskompromiss scharf. Die zusätzliche Belastung durch die erhöhten Zahlungen an die EU sowie den Kompromiss zu den Unterkunftskoten für Langzeitarbeitslose "lassen noch vor Verabschiedung des Bundeshaushalts 200 das Haushaltsloch immer größer werden", erklärte der FDP-Haushaltsexperte Jürgen Koppelin.

Die Staats- und Regierungschefs der EU-Mitgliedsstaaten hatten sich vorige Woche auf die Finanzplanung von 2007 bis 2013 geeinigt. Das Budget sieht Ausgaben in Höhe von 1,045 Prozent des Bruttonationaleinkommens der EU vor. Der Wert liegt unter den von der Bundesregierung als Schmerzgrenze bezeichneten 1,06 Prozent. (APA/Reuters)