Das Ziel: der Südpol (2835 Meter Seehöhe). Rundherum liegen 13,6 Millionen Quadratkilometer Antarktis.

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Das Weihnachtsfest lassen die Alpinisten ausfallen. Wenn alles gut geht, können sie aber zu Silvester am Südpol einen guten Rusch feiern.

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Antarktis/Wien - Weiße Weihnachten sind Wolfgang Melchior (50) sicher. Zwei Tage vor dem Heiligen Abend befand sich die internationale Expedition des Wiener Sportwissenschafters auf 88 Grad 20 Minuten Süd, 72 Grad 15 Minuten West - rund 180 Kilometer vom Südpol entfernt. Heute, Samstag, wollten die Extremsportler, die seit 25. November unterwegs zum unteren Ende der Welt sind, den 89. Breitengrad erreichen.

"Für eine Weihnachtsfeier ist heuer aber kein Platz", bedauert Melchior in seinem Weblog (siehe Webtipp). Jeder Schritt vorwärts bringt das fünfköpfige Team näher an den angepeilten Weltrekord: in 40 Tagen 1000 antarktische Kilometer ohne Fahrzeuge und ohne Schlittenhunde bis zum Südpol. Wenn alles gut geht, können die Alpinisten Weltrekord und Silvester in der dort befindlichen "Amundsen-Scott-Station" feiern.

Die Antarktis ist mit einer Durchschnittsseehöhe von 2500 Metern der höchste aller Kontinente, der Südpol befindet sich 2835 Meter über dem Meeresspiegel. In den vergangenen Tagen hatten die Tourengeher schwieriges Gebiet zu bewältigen. Vom eisigen Wind geformte Schneewellen, so genannte Sastrugis, die mehr als zwei Meter hoch werden können, hatten das Fortkommen mühsam gemacht.

Jeder der Männer zieht gleich zwei Schlitten mit einem Gesamtgewicht von jeweils rund 80 Kilogramm. "Langsam beruhigt sich das extreme Gelände. Es ist wieder flacher und angenehmer zu gehen", beschreibt Melchior. Und weiter: "Es geht uns gut, nur Rolf hat leider eine massive Allergie bekommen. Keiner weiß worauf. Es ist plötzlich am ganzen Körper ausgebrochen. Er kann kaum schlafen, es juckt überall, besonders wenn er in der Wärme ist. Wir hoffen, dass sich das bald wieder beruhigt."

Zurück an den Start

Zwei Tage nach dem ersten Start am 22. November hatten die Alpinisten die Expedition abbrechen und umkehren müssen, weil ein anderer Teilnehmer aus Deutschland einen Hexenschuss erlitten hatte. Nachdem sie den Kollegen in Sicherheit gebracht hatten, machte sich das verbliebene Quintett erneut auf den Weg.

Auch Melchior hat inzwischen kleinere Probleme: "Für meine Aufschürfungen am Oberschenkel beziehungsweise Blasen habe ich eine dritte Schicht angelegt. Wir vermuten, dass es sich um Frostbeulen handelt. Da ich doch schwitze, kann der Schweiß in den kurzen Pausen gefrieren."

50 Grad unter null

Temperaturen bis zu 50 Grad unter null sind die größte Gefahr in der Antarktis. Um zu verhindern, dass der Frost die Zähne sprengt, müssen die Alpinisten Zahnschutz tragen. Sein Fußwerk beschreibt Melchior so: dünne Laufsocken, ein Plastiksackerl darüber als Dampfsperre, ein Filzschuh gegen den hohen Abrieb, ein Überschuh und schließlich der Außenschuh.

Die sonstige Bekleidung besteht nur aus zwei Schichten: Funktionsunterwäsche, darüber Hose und Jacke. In den Kragen ist ein Pelzeinsatz eingearbeitet, die feinen Haare des Pelzes streifen permanent ins Gesicht und sollen so Erfrierungen verhindern.

Melchior war auch schon am anderen Ende der Welt und ist quer durch Grönland gegangen. Was einen Familienvater zu solchen Extremen treibt? "Es ist die Herausforderung, etwas zu schaffen, das vor mir nur wenige geschafft haben." (simo, DER STANDARD - Printausgabe, 24./25./26. Dezember 2005)