Foto: DER STANDARD/Aiderbichl
Diesen Silvester geht etwas zu Ende, von dem man gedacht hat, dass es schon ewig besteht und dass es auch ewig weitergehen wird. Bei diesem Wendepunkt der Weltgeschichte, den in "tv-media" ein gewisser Fritz Willingshofer beleuchtet, handelt es sich nicht etwa um den Untergang Österreichs oder ähnliche Kleinigkeiten, sondern tatsächlich um ein Ereignis von galaktischer Bedeutung: Der Karl Moik und sein Musikantenstadl beenden eine gemeinsame Erfolgsgeschichte, die sicher für den einen oder anderen Weltrekord gut ist.

Und Herr Willingshofer muss es wissen, er ist als so genannter Stoakogler ein Moik-Spezialist. Wir von den Stoakoglern können das ziemlich genau beurteilen. Wir waren nämlich bei 30 Sendungen mit dabei - und wir werden auch mit Freuden zu Silvester, bei der letzten Ausgabe, mit dabei sein, auch wenn wir normalerweise zu Muttertag und Jahreswechsel nie auftreten.

Der Grund, mit diesem ehernen Gesetz der Enthaltung zu brechen, liegt auf der Hand. Schunkelspezialist Karl Moik gibt bei seinem letzten Musikantenstadl in Klagenfurt noch einmal richtig Gas. Daher klar: Für Karl Moik machen wir gerne eine Ausnahme. Denn wir verdanken ihm auch eine Menge. Obwohl er uns einmal gestanden hat, dass er uns eher als Menschen als unseren Musikstil mag, hat er uns immer wieder eingeladen, uns auf Reisen mitgenommen und uns so viel Promotion zukommen lassen.

Damit ist der Unterschied zwischen den Stoakoglern und den Küniglkoglern grell beleuchtet. Hätte Karl Moik den ORF-Spitzen einmal gestanden, dass er sie eher als Menschen als ihren Führungsstil mag, er könnte vielleicht noch einige Jahrzehnte lang stadeln.

So aber weiß er: Mein Abschied wird sehr bedauert. Aber natürlich gibt es auch Menschen, die froh sind, dass ich weg bin, nämlich die Führungsebene im ORF und in der ARD. Ich bin noch immer sehr enttäuscht über die Art, wie man mich abserviert hat. So stil- und niveaulos. Die Führungsebene sollte sich an den Stoakoglern ein Beispiel nehmen.

Moik kann sich mit der Gewissheit trösten, dass in diesem Lande das Genie nun einmal nichts gilt. Und mit seinem Publikum, von dem ich ja geradezu vergöttert werde. ,Ich habe mit meiner Show Millionen glücklich gemacht', ist er sich ganz sicher, und dennoch: ,Die ORF-Führungsebene ist froh, dass ich weg bin'. Dafür bekommt sie, was sie verdient: Mit mir und meiner Sendung geht eine Art von Unterhaltung zu Ende, die es nie mehr geben wird. Weder in dieser Größenordnung noch in dieser Vielfalt.

Düster sind aber nicht nur die Zukunftsaussichten für Schunkelspezialisten des Kultur-, sondern auch für solche des Wirtschaftslebens, wenn eintreten sollte, was der Chefredakteur der "Wiener Zeitung" in vorweihnachtlichem Trübsalblasen prophezeit hat.

Die Wirtschaftsbosse, die mit ihren Bezügen schon lange über die Trinkgelder lachen, die Politiker kassieren, sollten vorsichtiger sein. Denn sie gefährden die Akzeptanz der ganzen Marktwirtschaft. Sie vergessen, dass sie im Grund nur Angestellte der Aktionäre sind. Diese werden aber zunehmend zornig, weil sich Aufsichtsräte und Vorstände - die dann im Rollentausch bei einer anderen Firma als Vorstände und Aufsichtsräte auftreten - allzu auffällig gegenseitig die Millionen zuschieben.

So weit wie Tagebuch-Schreiber Andreas Unterberger hat schon lange keiner mehr mit der Moralkeule ausgeholt, um dem habituellen Verfechter der Marktwirtschaft Andreas Unterberger eins über die Rübe zu geben. Leute, die sonst alles preisen, was der Markt als idealer Regulator hergibt, weil der doch nicht zuletzt die wachsende Kluft zwischen Arm und Reich rechtfertigen muss, fordern plötzlich, die einkommensmäßige Kluft zwischen Politikern und Wirtschaftsbossen zu verringern, damit Aktionäre nicht zunehmend zornig werden! Wenigstens lachen sollen die Wirtschaftsbosse nicht.

Unter dem Vorwurf, die Akzeptanz der ganzen Marktwirtschaft zu gefährden, indem sie sich an ihrer besseren Hälfte hemmungslos lachend delektieren, werden die Wirtschaftsbosse spätestens am Christtag in sich gegangen und am Stefanitag zusammengebrochen sein. Und mit dem neuen Jahr bricht eine Ära an, die uns für den Abgang Karl Moiks durch den Vorgeschmack eines Paradieses entschädigt, in dem die Manager der ÖIAG das Eigentum der Republik für denselben Schandlohn verschleudern, den die Politiker beziehen, die es ihnen angeschafft haben.

Mehr gebührt den Vorständen und Aufsichtsräten auch nicht, denn beide haben ja nur geliehene Macht. Was kluge Menschen zu Demut nach innen wie nach außen anhalten müsste. Das sollten sie sich von einem gesagt sein lassen, der ebenfalls nur geliehene Macht ausübt, auch wenn er in jahreszeitlich bedingten Anfällen von utopischem Sozialismus die gebührende Demut vor der Marktwirtschaft nach außen vermissen lässt. Aber nach innen und für den Rest des Jahres hat sie nichts von ihm zu fürchten. (DER STANDARD, Printausgabe, 27.12.2005)