US-Experten schätzen, dass 90 Prozent der Software auf Chinas Märkten Raubkopien sind.

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Was sind die guten Namen von Louis Vuitton, Chanel, Burberry, Prada oder Gucci wert, wenn sie durch Fälschungen herabgesetzt werden?. In Europa wäre das unbezahlbar. Im Billiglohnland China ist es dagegen immer noch preiswert, Edelmarken zu kopieren. Zumindest entschied so das Mittlere Pekinger Volksgericht Nummer 2.

Wie die Zeitung Beijing Today am Freitag berichtete, verurteilte das Gericht die Pekinger "Xiushui Haosen Clothing Company" 100.000 Yuan Bußgeld zu zahlen, weil sie die "Rechte von fünf internationalen Marken verletzt hat".

Jeder der fünf Kläger erhält 20.000 Yuan oder rund 2080 Euro. Das ist so viel, wie manche ihrer gefälschten Produkte einzeln kosten, wenn sie denn echt wären. Die fünf Nobelmarken hatten in einer konzertierten Aktion "Xiushui" als Betreiber des bei Pekinger Touristen äußerst beliebten Großkaufhauses "Silk Market" und stellvertretend fünf Boutiquen verklagt. Bei denen hatten sie körbeweise die angeblichen Vuitton-Koffer, Taschen von Gucci und andere Accessoires eingekauft.

Wie Wang Yadong, Anwalt der Kläger, sagte, wurden dem Gericht sechs "große Kisten mit hunderten Beweisstücken" und notarielle Beglaubigungen, wo sie gekauft wurden, vorgeführt. Da blieb der Schuldspruch nicht aus. Anwalt Wang wertete ihn als erste Verurteilung eines Kaufhausbetreibers: "Dieses Urteil ist ein schwerer Schlag gegen Xiushui".

Ein Meilenstein

Für Deng Hongbo von Chinas WTO-Forschungszentrum ist das Urteil gar ein "Meilenstein" der Rechtsprechung. Es demonstriere nicht nur die Entschlossenheit der Regierung im Kampf gegen die Markenpiraterie, sondern diene auch als "effektive Warnung" an alle Verkäufer von gefälschten Produkte. Die zeigen sich jedoch nicht sehr erschrocken. Beijing Today fand einen Tag nach dem Urteil heraus, dass "Produktfälschungen auch der fünf Marken an fast jedem Stand im Silk Market weiter angeboten werden." Immerhin hingen jetzt "große Aushänge" an der Tür, wonach solche Verkäufe verboten sind.

Die fünf Marken fühlen sich auch aus anderem Grund schlecht bedient: Sie hatten auf 2,5 Millionen Yuan Entschädigung geklagt und wurden mit 100.000 Yuan abgespeist. Nicht nur die Fälscher, sondern auch das Gericht zeige offenbar wenig Wertschätzung "für ihren guten Markennamen". Übrigens: Am Tag des Urteils stellte der Peking besuchende US-Vizehandelsminister Franklin Lavin bei einem Vortrag hohen Funktionären in der Parteihochschule die knifflige Frage: Wie kommt es, dass ihr Land der zweitgrößte Markt für PC in der ganzen Welt ist, aber beim Bezug von Software nur an 25. Stelle steht? Lavin gab selbst die Antwort: US-Experten schätzen, dass 90 Prozent der Software auf Chinas Märkten Raubkopien sind. (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 27.12.2005)