Stuttgart - Nach monatelangem Verhandlungspoker hat der deutsche Autokonzern DaimlerChrysler den Dieselmotorenbauer MTU Friedrichshafen für 1,6 Mrd. Euro an den schwedischen Finanzinvestor EQT verkauft.

Zu dem Deal gehören auch der Verkauf der Großmotorenfertigung von Detroit Diesel in den USA.

Die Stuttgarter trennen sich damit von einer ihrer letzten großen Industriebeteiligungen und forcieren die Konzentration auf den Autobau.

Nicht zum Zuge kommt der Münchner Maschinenbaukonzern MAN, der MTU gerne übernommen hätte. EQT ist ein nordeuropäischer Finanzinvestor, der nach eigenen Angaben rund 6 Mrd. Euro Eigenkapital in acht Fonds verwaltet.

Da beim Verkaufspreis liquide Mittel, Schulden und Pensionsverpflichtungen von MTU berücksichtigt werden, beträgt der Liquiditätszufluss für DaimlerChrysler voraussichtlich eine Milliarde Euro, teilte das Unternehmen am Mittwoch in Stuttgart mit. Die zum schwedischen Wallenberg-Imperium gehörende EQT will langfristig in die Expansion von MTU investieren und hat nach eigenen Angaben keine Pläne für einen Stellenabbau in der Schublade.

Positive Reaktionen

Die Geschäftsführung und der Betriebsrat der MTU Friedrichshafen haben auf den Verkauf positiv reagiert. "EQT ist unser Wunschkandidat, der sich in erheblichem Maß finanziell an unserem Unternehmen beteiligen und uns auf unserem Wachstumskurs begleitet", sagte MTU-Geschäftsführer Volker Heuer in Friedrichshafen.

Zufrieden zeigte sich auch MTU-Betriebsratsvorsitzender Karl-Heinz Wulle, auch wenn sich die Arbeitnehmervertretung zunächst für

einen industriellen Käufer ausgesprochen und dabei den Münchner Konzern MAN favorisiert hatte. "Der Finanzinvestor EQT verfolgt einen eher industriellen Ansatz, der sich am detaillierten Konzept, das uns präsentiert wurde, gut ablesen lässt", sagte Wulle. Er verwies darauf, dass MTU als tarifgebundenes Mitglied im Arbeitgeberverband bleiben werde.

Beim operativen Konzernergebnis von DaimlerChrysler wird sich die Transaktion mit etwa 400 Millionen Euro positiv niederschlagen. Das Konzernergebnis wird um etwa 300 Mio. Euro höher ausfallen.

Ursprünglich wollte DaimlerChrysler den Verkauf bereits im laufenden vierten Quartal verbuchen und teilweise mit den Kosten für den 950 Mio. Euro teuren Stellenabbau in der Mercedes Car Group verrechnen.

Grünes Licht vom Wirtschaftsminister steht noch aus

Noch ist der Verkauf nicht endgültig in trockenen Tüchern. Grünes Licht müssen noch das deutsche Wirtschaftsministerium in Berlin und die Kartellbehörden in mehreren Ländern geben. Der Wirtschaftsminister hat nach dem Außenwirtschaftsgesetz ein Mitspracherecht, weil es um rüstungspolitische Kernkompetenzen geht. Der frühere Bundeskanzler Gerhard Schröder hatte sich mit Blick auf MTU für ein schärferes Vetorecht beim Verkauf von Rüstungsunternehmen ins Ausland ausgesprochen. MTU liefert Motoren für den Kampfpanzer Leopard und die deutsche Bundeswehr.

MTU produziert mit rund 6.700 Beschäftigten, davon etwa 5.000 am Stammsitz Friedrichshafen, Motoren für Schiffe, Bahnen, Militär- und Baufahrzeuge sowie Energieversorgungsanlagen. 2004 betrug der Umsatz 1,35 Milliarden Euro. Der Auslandsanteil lag bei 76 Prozent.

Für das laufende Jahr peilt der Konzern einen Umsatz von 1,58 Mrd. Euro an. (APA)