Wien - Auch wenn sich mittlere Unternehmen, die nur in Österreich aktiv sind, im Vorjahr "geplagt" haben - insgesamt blickt die österreichische Industrie äußerst optimistisch ins kommende Jahr. Dies erklärte IV-Präsident Veit Sorger am Mittwoch in einer Jahresabschluss-Pressekonferenz. Die IV erwartet nach wie vor im auslaufenden Jahr und auch 2006 ein höheres Gesamtwirtschaftswachstum als die Wirtschaftsforscher.

Wifo und IHS hatten erst in der Vorwoche ihre Prognosen deutlich nach oben revidiert. Für heuer gehen die Wirtschaftsforscher jetzt von 1,9 Prozent Wachstum aus, für 2006 erwarten sie nun eine Steigerung des Bruttoinlandsprodukts (BIP) um 2,3 bis 2,4 Prozent. Die IV dagegen glaubt nach wie vor daran, dass 2005 "ein 2er vor dem Komma stehen wird" und geht für 2006 von 2,5 Prozent Wirtschaftswachstum aus, erklärte Chefökonom Christian Helmenstein.

Die Wachstumsfaktoren

Als Wachstumsfaktoren im neuen Jahr nannte Helmenstein unter anderem die österreichische EU-Ratspräsidentschaft, die über Tourismuseffekte 0,1 Prozent Mehrwachstum bringen werde, die Vorziehungseffekte durch die Mehrwertsteuererhöhung 2007 in Deutschland, durch die Österreich als Zulieferer etwa in der Autoindustrie mit 0,25 Prozent mehr Wirtschaftswachstum profitieren könnte, und auch positive Effekte durch Entlastungsschritte vor den Nationalratswahlen im Herbst.

Die österreichische Industrie wird im kommenden Jahr ein Konjunkturmotor bleiben. Sie wird nach Prognose der IV im kommenden Jahr um 3,5 Prozent nach heuer 3,1 Prozent wachsen. Die Zuwächse in der Industrie liegen damit weiterhin deutlichen über jenen in der Gesamtwirtschaft.

Als Erfolgsfaktor nannte Sorger vor allem die EU-Erweiterung, die in Punkto Zukäufe für Österreichs Unternehmen 2005 "eine Erfolgsstory sondergleichen" gewesen sei. Heqadquarters könnten dadurch in Österreich gehalten werden. Vor alle im Bankensektor seien die heimischen Unternehmen "jetzt ein großer Player". Dadurch würden auch Arbeitsplätze im Inland abgesichert.

Arbeitsplätze in Industrie stabil

In Summe blieb die Zahl der Arbeitsplätze in der Industrie im Vorjahr stabil. Dass die Arbeitslosigkeit in Österreich dennoch gestiegen ist, führt die IV vor allem auf den Zuzug ostdeutscher Arbeitskräfte und die wachsende Zahl der Arbeitnehmerinnen zurück.

Die IV plädiert dennoch dafür, die Übergangsfristen im Rahmen der EU-Erweiterung für den heimischen Arbeitsmarkt so früh wie womöglich abzuschaffen. Es sei "zwar zur Kenntnis zu nehmen, dass hier vor den Wahlen nichts passieren wird", sagte IV-Generalsekretär Markus Beyrer. Eine Verlängerung über 2009 hinaus, wie von ÖVP-Klubobmann Wilhelm Molterer zuletzt angekündigt, ist ihm zufolge aber noch lange nicht fix. Eine Gefahr für den heimischen Arbeitsmarkt sieht Beyrer nicht.

Für die Betriebe, die nur in Österreich aktiv sind, verlangte Sorger am Mittwoch dagegen dringende Entlastungen. Neben der Arbeitszeitflexibilisierung forderte er vor allem eine Senkung des Spitzensteuersatzes und der lohnsummenabhängigen Steuern im Rahmen der nächsten Steuerreform sowie eine Abschaffung der Schenkungssteuer.

In Sachen Schenkungssteuer

Über die Schenkungssteuer war zuletzt vor allem im Zusammenhang mit der Finanzierung der privaten Homepage von Finanzminister Karl-Heinz Grasser durch die IV debattiert worden. Grasser hatte durch die Abwicklung über einen Verein die Schenkungssteuer vermieden. Sorger betonte am Mittwoch allerdings, dass es der IV bei der Abschaffung der Schenkungssteuer um die Übergabe von Betriebsvermögen an Nachfolger gehe.

Eine klare Absage erteilte der IV-Präsident der Debatte um eine Reichensteuer. Dass 50 Prozent der Lohnsteuer von 10 Prozent der Bevölkerung erbracht würden, sei Zeichen genug, dass die Last gerecht verteilt sei. Und die Diskussion um die Abschaffung des Stiftungsrechts bezeichnete Sorger wörtlich als "gefährlichen Angriff auf eine Institution, die Österreich viel Erfolg gebracht hat". (APA)