Zwei internationale Frauenkonferenzen in Salzburg und in Konstanz befassten sich in unmittelbarer Folge mit dem Wortungetüm Gender mainstreaming. Wer glaubt, „gender“ habe in diesem Zusammenhang irgend etwas mit der Gleichstellung Homosexueller in der Gesellschaft zu tun irrt gewaltig. Bei Gender mainstreaming geht es vielmehr darum, dass Entscheidungen in Politik, Wirtschaft und Verwaltung die Bedürfnisse beider Geschlechter bewusst, fair und nachhaltig berücksichtigen. Nicht dass jetzt plötzlich die große Sorge ausgebrochen wäre, die Männer könnten bei gesellschaftspolitischen Entscheidungen benachteiligt werden. Es geht hier vielmehr um das Prinzip, jede Entscheidung nach ihren Auswirkungen auf Männer und Frauen abzuklopfen.Ein Beispiel: Im Zuge ständig neu auftauchender Vorschläge, wie denn unser Pensionsystem zu reformieren wäre, schlug Generationenministerin Elisabeth Sickl unlängst vor, dass künftig das gesamte Lebenseinkommen als Basis für die Pensionsbemessung herangezogen werden soll. Das würde so manche Pension verringern, weil jetzt ja die besten 15 Einkommensjahre als Berechnungsgrundlage gelten. Aber so könnte man sparen. Betrachtet man diese Maßnahme nun unter dem Aspekt des Gender mainstreamings so entdeckt man ziemlich schnell, was dieses Modell für Frauen, vor allem für Mütter bedeutete. Frauen verdienen im Schnitt ein Drittel weniger als Männer - also noch niedrigere Pensionen. Noch ist unklar, wie die Karenzzeit in einem künftigen Pensionsmodell bewertet würde. Zählt das Karenzgeld, das ja bekanntlich meist niedriger ist als das Einkommen, ergibt sich ein erneuter Nachteil für Frauen. Zugegeben auch für jene Männer, die Karenz beanspruchen. Allerdings noch eine zu vernachlässigende Zahl, die nach Einführung eines solchen Pensionsmodells eher noch sinken würde. Dies träfe wieder die Frauen, denn teilt der Partner die Karenz nicht, bleiben sie selbst länger bei geringerem Einkommen zu Hause. Frauen wünschen sich mehr Teilzeitarbeit, damit sie Beruf und Familie unter einen Hut bringen. Ein weiterer Nachteil. Fazit: Ein Pensionsmodell mit Lebensdurchrechnungszeiten würde die Frauen weit mehr treffen als die Männer, widerspräche also dem Gender mainstreaming. Dasselbe kann man mit Verkehrsplanungen, Gesetzen, Tarifentscheidungen etc. durchspielen. Tolles Modell, frau kann ziemlich rasch erkennen, wo Benachteiligungen für sie liegen. Na und? Das wussten die meisten Frauen doch bisher auch schon. Wie also sollte Gender mainstreaming Frauenbewegung oder Frauenpower ersetzen können? Das Gegenteil ist der Fall, erkannten auch die tagenden Expertinnen und Gleichstellungsbeauftragten: Es braucht erst recht eine mächtige Frauenlobby, die erstens das Gender mainstreaming als Prinzip für alle gesellschaftspolitischen Entscheidungen durchsetzt und dann auch dessen Einhaltung laufend kontrolliert. Bisher hat das Frauenministerium zumindest Gesetzesvorlagen geprüft, ob Frauen dadurch benachteiligt werden. Künftig werden es die Frauen wohl selbst tun müssen. Also sind wir wieder am Anfang: Frauen müssen für ihre Interessen und kämpfen, auf allen Ebenen - egal ob es um Gleichberechtigung, Gleichstellung oder neuerdings um Gender mainstreaming geht.