Christine Gaigg und der Komponist Bernhard Lang zeigten ihre neue Kooperation Trike in Wien erst nach ihrer erfolgreichen Zürcher Uraufführung. Die geborene Oberösterreicherin war bisher eine Art Gewohnheitshoffnungsträgerin, die immer wieder knapp am künstlerischen Durchbruch vorbeischrammte. Bei Trike ist der Choreografin nun mithilfe der gefragten Dramaturgin Bojana Cvejic nicht nur eine selten schlüssige Verzahnung von Tänzern und Schauspielern gelungen, sondern auch die glaubwürdige Integration ihrer Livefiguren in eine aus Experimentalfilm und DJing generierte kompositorische Methode.
Mit My private bodyshop setzte Chris Haring sein erstaunliches künstlerisches Abheben fort, das er unter anderem seinem Talent zur Zusammenarbeit - hier mit so überzeugenden Tänzerinnen wie Stephanie Cumming und Ulrika Kinn Svensson bzw. dem Musiker Glim (Andreas Berger) oder dem Künstler Erwin Wurm - verdankt. Haring arbeitet mit Klugheit, Risikobereitschaft und der Einsicht, dass die Tage des einsamen Choreografenheros ihrem Ende zutanzen.
Geldquelle im Geschäft
Michikatzu Matsune und David Subal traten nicht, wie Gaigg und Haring, im Tanzquartier Wien auf, sondern in einem Geschäftslokal in der Gumpendorfer Straße, wo man sich in ihrem store choreografische Produkte aller Art kaufen konnte. Wer also etwa eine "Franz-West-Copy", eine Giorgione- oder eine Rudolf-Nurejew-Kopie günstig erwerben wollte, war bei store goldrichtig, konnte sogar nebenbei noch eine "Geldquelle" kaufen oder eine "Tape Connection" eingehen. Nie hat es eine schönere, konkretere Performance über symbolische Tauschwerte gegeben!
Ihre bisher beste Arbeit hat die langjährige Wahlwienerin Akemi Takeya mit ihrem großen in einem audiovisuellen Environment von Ulf Langheinrich getanzten Solo weathering geliefert. Darin erscheinen aller Theaterballast und jegliche narrativen Nöte, die ihre Stücke zuvor immer wieder gefährdeten, über Bord geworfen. Knallharte Körperperformance, repetitiv choreografiert und in einer wahren Supernova aus Licht und Sound kulminierend, ergeben ein zugleich minimalistisches und spektakuläres Werk über das Verschwinden des Körpers unter den Scheinwerfern der ihn ausschlachtenden Medien.
Eine Überraschung ist der jungen, bisher eher unauffälligen Choreografin Doris Stelzer, ihrer Tänzerin Lieve De Pourcq und der Fotografin Bettina Fränzel mit ihrer kurzen Arbeit microscopic view im Künstlerhaustheater gelungen: ein sensibler Balanceakt mit heiklen Körperdiskursen zwischen Perfektionswahn, Fragmentierung und Behinderung, zugleich aber auch ein so gemessener wie dichter Dialog zwischen projizierter Fotografie und getanzter Projektion, ohne Sentimentalität oder Arroganz inszeniert sowie obendrein stark dargestellt.
Erwähnenswert ist in diesem Zusammenhang auch eine der rar gewordenen Performances der legendären Gruppe Lux Flux, die früh viele Errungenschaften der Gegenwartschoreografie vorweggenommen hat. Vor nur wenigen geladenen Gästen auf dem Dachboden eines Wiener Mietshauses zeigten Inge Kaindlstorfer und Sabina Holzer in Zusammenarbeit mit Jack Hauser mit rare feature ein so musikalisches wie stilles gestisches Meisterwerk, das mit Bedacht hoch über den Etagen des Spektakels angesetzt war.
Warten auf "404"