Der ORF muss wirtschaftlicher agieren. Diese Meinung vertritt ÖVP-Klubobmann und Mediensprecher Wilhelm Molterer im Interview mit der APA. "Es wird dem ORF nicht erspart bleiben, so wie andere Unternehmen, die im Wettbewerb stehen, die Effizienz zu steigern. Das muss klar und deutlich sein", so Molterer. Ansonsten drohe dem öffentlich-rechtlichen Sender ein Schicksal wie der Verstaatlichten Industrie in den Siebziger und Achtziger Jahren.

"Permanente Herausforderung"

Molterer spricht in diesem Zusammenhang von einer "permanenten Herausforderung" für die ORF-Geschäftsführung. Im mächtigen ORF-Betriebsrat, dieser darf unter anderem die Unternehmensspitze im Stiftungsrat mitwählen, sieht der VP-Mediensprecher keine Reformbremse. "Der Betriebsrat eines Unternehmens ist gut beraten, wenn er sich an der Zukunft des Unternehmens konstruktiv beteiligt. Ich gehe davon aus, dass das auch die Betriebsräte des ORF tun, weil sie sonst langfristig ihre eigene Arbeitsgrundlage in Frage stellen würden. Und ein Betriebsrat soll das nie machen."

An eine Abschaffung des Wahlrechts des Betriebsrates bei der Wahl der ORF-Direktoren sei jedenfalls nicht gedacht. "Weil wir sonst eine Aktiengesellschaft machen müssten, und das lehnen wir ab." Diese Rechtsform sei laut Molterer für den ORF "untauglich", da der ORF "mehr als ein Unternehmen" sei.

In Summe habe es der ORF nicht leicht. "Das Wettbewerbsumfeld ist schärfer geworden." Die Chance für den ORF liege in diesem Umfeld vor allem in der "Stärkung und Wahrnehmung des öffentlich-rechtlichen Auftrags".

Sympathien für Monika Lindner

Wen der "ÖVP-Freundeskreis" im Stiftungsrat bei der Wahl des ORF-Generaldirektors im August 2006 unterstützen wird? Molterer zeigt einmal mehr Sympathien für die derzeitige ORF-Chefin Monika Lindner, einer zweiten Amtszeit stehe demnach nichts im Wege. "Wenn die Frau Generaldirektor Lindner sich wieder bewirbt, hat sie gute Argumente auf ihrer Seite. Das ist aber nichts Neues. Ich denke dass sie gute Arbeit geleistet hat und wenn sie sich wieder bewirbt, warum nicht." Ob auch Chefredakteur Werner Mück eine Option für die ÖVP sei? Molterer: "Es gibt sehr viele gute Leute, aber Sie haben konkret nach Lindner gefragt, und wenn Lindner wieder kandidieren will, dann denke ich, dass es gute Argumente für sie gibt." Die Entscheidung treffe aber letztlich der Stiftungsrat.

Dieser wird sich im Februar neu konstituieren. Im Jänner wird laut Molterer die Bundesregierung ihre neuen Vertreter in das oberste Aufsichtsgremium des ORF entsenden. Bisher hielt die ÖVP fünf der von der Regierung entsandten Stiftungsräte, vier wurden dem BZÖ bzw. vor der Parteispaltung der FPÖ zugerechnet. Molterer dazu: "Ich weiß nicht, woher Sie das haben." Dass dieses Kräfteverhältnis nun zu Gunsten der Volkspartei verschoben werden soll, damit diese doch noch eine absolute Mehrheit im ORF-Stiftungsrat erringen kann, dementiert der Klubchef. "Es werden neun Profis nominiert und beide Regierungsparteien sind verpflichtet, wirklich gute Leute dort hin zu schicken."

Nominierte Stiftungsräte Uher und Koren

Ob sich darunter auch Kurt Bergmann befindet, der künftig den VP-Freundeskreis im Stiftungsrat anführen soll, wie kolportiert wird, lässt Molterer offen. "Wir haben eine ganze Reihe guter Leute, aus denen wir eine Auswahl treffen können." Bestätigt werden vom VP-Mediensprecher indes die Namen der von der Partei nominierten Stiftungsräte. Es sind dies Bundesforste-Chef Thomas Uher sowie Peter Koren, stellvertretender Generalsekretär der Industriellenvereinigung und ehemaliger Molterer-Sekretär.

Unzufrieden mit Ausgang der Publikumsratswahl

Unzufrieden zeigt sich Molterer mit dem Ausgang der jüngsten Publikumsratswahl, bei der die SPÖ-Kandidaten alle Mandate gewinnen konnten. "Der Parteiapparat der SPÖ hat die Bürgergesellschaft geschlagen. Dass mich dieses Ergebnis nicht gefreut hat, wird Sie nicht überraschen." Nun denkt der ÖVP-Politiker über eine Änderung des Wahlmodus nach. "Die jetzige gesetzliche Lage ist suboptimal. In der nächsten Legislaturperiode ist eine Änderung absolut am Tisch." Wichtig sei eine Art von "Bürgerbeteiligung bei der Wahl des Publikusrat, aber "in dieser Form kann's das nicht sein". SPÖ-Mediensprecher Cap gibt ÖVP Schuld für sinkende Effizienz des ORF

Die Hauptverantwortung für die sinkende Effizienz des ORF tragen die ÖVP beziehungsweise die Bundesregierung. Dies erklärte SPÖ-Klubobmann und Mediensprecher Josef Cap am Donnerstag im Gespräch mit der APA. Die Regierung habe die Arbeitsgrundlage für den ORF in den vergangenen Jahren durch diverse Gesetzesänderungen verschlechtert, so Cap in Reaktion auf Aussagen von ÖVP-Mediensprecher Wilhelm Molterer.

Die Verschärfung der Werbebestimmungen habe den ORF etwa Millionen Euro Einbußen gebracht. Darüber hinaus koste der regierungsfreundliche Kurs der ORF-Information, wo alles durch den "Filter" von Chefredakteur Werner Mück gehe, Quote und damit auch Werbeeinnahmen. Ein Aufruf zur Effizienz-Steigerung müsse sich deshalb auch an die ORF-Berichterstattung bzw. die Einhaltung des Objektivitätsgebots richten, meinte Cap. "Molterer stiehlt sich aus der Verantwortung. Er und seine Parteifreunde tragen die Hauptverantwortung dafür, dass der ORF Probleme mit der finanziellen Gebarung hat."

Mit Sorge betrachtet der SP-Klubobmann Molterers Aussagen, wonach die Regierungsparteien ÖVP und BZÖ im Jänner "neun Profis" für den ORF-Stiftungsrat nominieren wollen. "Die ÖVP will offenbar unter dem Titel 'professionell' alle neun Stiftungsräte. Molterer hat den Plan, die absolute Mehrheit im Stiftungsrat zu erreichen und damit bei der Generaldirektorenwahl die alleinige Entscheidung über die Option Mück oder Lindner zu haben, offenbar noch nicht aufgegeben. Und Apparatschik Kurt Bergmann, der bei der Publikumsratswahl durchgefallen ist, soll offenbar die Interessen der Volkspartei managen." (APA)