Der Vorteil der EU sei unter anderem: "Es wird nie mehr wieder einen Krieg mit den Nachbarn geben. Die Grenzen können nicht mehr verändert werden, nicht zwischen Kärnten und Slowenien, nicht zwischen Deutschland und Polen", sagte Bundeskanzler Schüssel in einem Zeitungsinterview. Im Umkehrschluss könnte das heißen, ohne den EU-Beitritt Sloweniens müsste man mit slowenischen Gebietsansprüchen rechnen.

Wir wollen aber davon ausgehen, dass der Kanzler den ganzen Bogen der Geschichte im Auge hatte, nämlich erstens die jugoslawischen Gebietsansprüche in Südkärnten nach dem Ersten Weltkrieg, zweitens die Besetzung, Zerstückelung und geplante Teileingemeindung Sloweniens ins Dritte Reich im Zweiten Weltkrieg und drittens die kurzfristigen neuen Gebietsansprüche der Tito-Regierung Jugoslawiens nach dem Zweiten Weltkrieg.

Wir würden weiters gerne davon ausgehen, dass Kanzler Schüssel in der Zwischenzeit nach Mitteln sucht, seinen Koalitionspartner in der Ortstafelfrage zur Räson zu bringen, und ihm die Bedeutung des Rechtsstaates klar macht. Das "Gedankenjahr" ist fast vorbei und die Verpflichtung aus dem Staatsvertrag immer noch nicht eingelöst. (DER STANDARD, Printausgabe 30.12.2005)