Berlin - EU-Innen- und Justizkommissar Franco Frattini hat den Mitgliedsstaaten im Zusammenhang mit CIA-Aktivitäten in Europa mit Konsequenzen gedroht. Falls sich die Vorwürfe der Entführung und Einkerkerung von Terrorverdächtigen als wahr herausstellten, wäre das eine "tragische Verletzung zentraler EU-Werte", sagte Frattini der "Berliner Zeitung" (Freitagausgabe).

Im Extremfall könne EU-Staaten das Stimmrecht bei Beschlüssen entzogen werden. Zur Beteiligung deutscher Ermittler an Verhören in Syrien und dem US-Gefangenenlager Guantanamo Bay auf Kuba äußerte sich Frattini zurückhaltend. Die Ergebnisse der Untersuchungen müssten auch hier abgewartet werden. Sollte gegen Menschenrechte verstoßen worden sein, werde die EU reagieren, fügte er hinzu.

Verzögerung

Frattini sprach sich dafür aus, den Europarat bei dessen Ermittlungen zu den CIA-Aktivitäten stärker zu unterstützen. Bisher hat die EU die Weitergabe von Satellitenaufnahmen und Flugaufzeichnungen nachgeordneter Behörden verzögert. Die Europäische Kommission solle mehr Druck auf den Außenbeauftragten Javier Solana ausüben, forderte Frattini.

Dieser müsse dem Ermittler des Europarats, dem Schweizer Dick Marty, alle Informationen zur Verfügung stellen. Solana ist für das Satellitenzentrum der EU im spanischen Torrejon zuständig. Außerdem geht es um die Flugsicherheitsbehörde Eurocontrol, bei der die EU maßgeblichen Einfluss hat. Vor Weihnachten hatten sich Solanas Ratszentrale und die Behörden gegenseitig die Verantwortung für schleppende Reaktion auf Anfragen des Straßburger Europarates zugeschoben.

Marty dringt auf Freigabe der Daten, um verdächtige Bewegungen von CIA-Flugzeugen besser nachvollziehen zu können. Es besteht der Verdacht, dass der US-Geheimdienst Terrorverdächtige in Europa entführt, in Geheimkerkern festgehalten und möglicherweise unter Gewaltanwendung verhört hat. Die Bundesregierung hat zudem bestätigt, dass deutsche Sicherheitskräfte an Verhören mutmaßlicher Extremisten in Syrien und Guantanamo beteiligt waren. Diese fanden vermutlich nicht unter rechtsstaatlichen Bedingungen statt. (APA)