Einmal voll ins Schmalz gegriffen und mit neun Jahren Gefängnis
fast die Höchststrafe verhängt, dann mit einem
Freispruch das gegenteilige Urteil und jetzt nach Neuauflage
der Verhandlung die Hälfte des ursprünglichen Strafausmaßes
– sprunghafter als im letzten Prozess zur „Operation Spring“
kann die Rechtsprechung nicht sein. Und noch ist nicht aller
Tage Abend, man darf gespannt sein, was in der Berufungsverhandlung
herauskommt.
Schlechte Bilder, falsche Übersetzungen
Die Justiz tut sich mit der Aufarbeitung des bisher größten Polizeischlages
gegen die Drogenkriminalität in Österreich enorm
schwer. Und das hat mehrere Gründe. Die Vorwürfe stammen
aus dem Jahr 1999, zur Untermauerung wurde damals der erste
große Lauschangriff durchgeführt; allerdings mit einer eher bescheidenen
Ausrüstung – zumindest nach heutigem Stand der
Technik. Damalige Überwachungskameras, montiert in Rauchmeldern
des angeblichen Hauptquartiers, lieferten miserable
Bilder, ein Dolmetscher falsche Übersetzungen der aufgezeichneten
Gespräche. Dazu ein anonymer Kronzeuge, der später seine
belastenden Aussagen zurückzog – zu sehen im Kino in der
Dokumentation „Operation Spring“.
Dies alles hat dazu geführt, dass der als Schlag gegen die Drogenmafia
gefeierten Aktion im Laufe der Jahre die „Big Bosse“
abhanden gekommen sind. Die Justiz hat darauf bisher nur zaghaft
reagiert. In einigen Fällen, darunter auch im letzten Prozess,
wurde zwar die Anklage von Haupttäter auf Mittäter reduziert,
zu einer umfassenden Überprüfung aufgrund der neuen
Erkenntnisse konnte man sich aber nicht durchringen. Das Justizministerium
hat mögliche Schritte vom Ausgang des letzten
Prozesses abhängig gemacht. Damit heißt es wohl warten auf ein
rechtskräftiges Urteil in der Berufungsverhandlung. (Michael Simoner, DER STANDARD Printausgabe, 31.12.2005/01.01.2006)