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Demonstrativ lockerer Präsidentschaftsstart am Neujahrstag in Wien: Kanzler Wolfgang Schüssel mit seiner deutschen Amtskollegin Angela Merkel, deren Ehemann Joachim Sauer, dem Ehepaar Gabriele und Günter Verheugen (Viezpräsident der EU-Kommission und EU-Industriekommisar), Außenministerin Ursula Plassnik und dem slowenischen Premier Janez Jansa (v. li.).

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Wien/Brüssel - Das Neujahrskonzert bildete den musikalischen Rahmen für den Auftakt der österreichischen EU-Präsidentschaft. Deutschlands Bundeskanzlerin Angela Merkel und Sloweniens Regierungschef Janez Jansa vertraten dabei die alten und die neuen Mitgliedsstaaten, Vizepräsident Günter Verheugen die EU-Kommission.

Bundeskanzler Wolfgang Schüssel drückte in Anspielung auf das Neujahrskonzert seine Hoffnung aus, dass es unter österreichischem Vorsitz gelingen werde "die Harmonie, die wir gerade gespürt haben", auf Europa zu übertragen. Ziel sei auch, "Europa neuen Schwung zu verleihen". Merkel ergänzte, dass etwas von der "Fröhlichkeit" des Konzerts auf die EU-Ebene ausstrahlen möge. Schüssel versicherte, dass er und Merkel bei EU-Fragen "Hand in Hand" vorgehen wollten. Merkel wollte jedoch von einer Achse Berlin-Wien nichts hören. Österreich und Deutschland hätten traditionell gute Beziehungen, in der EU gehe es "nur mit allen gemeinsam".

Dass es aber nicht einfach sein wird, in den nächsten Monaten die zum Teil widersprüchlichen Interessen der 25 EU-Staaten auf einen gemeinsamen Nenner zu bringen, zeigte sich bereits zum Auftakt der österreichischen EU-Präsidentschaft: So verlangte Kommissionspräsident José Manuel Barroso in einem Interview mit dem profil, dass die EU-Verfassung nicht begraben werden dürfe. Der tschechische Präsident Václav Klaus ließ wissen, dass er froh über das Scheitern der Verfassung sei.

Frankreichs Präsident Jacques Chirac wiederum kündigte an, dem ins Stocken geratenen Reformprozess der Union zu neuem Schwung verhelfen. Die EU brauche "demokratischere, stabilere und effizientere" Institutionen. Daher müsse der Reformprozess wieder in Gang gebracht werden: "Wir dürfen nicht mehr warten."

Auch die EU-Erweiterung wird Österreich beschäftigen. So steht die Entscheidung darüber an, ob Rumänien und Bulgarien 2007 oder erst 2008 der Union beitreten können. Die Annäherung der Staaten des Westbalkans an die EU hat sich Österreich selbst zum Ziel gesetzt. Es könnten auch die ersten konkreten Verhandlungen mit der Türkei und Kroatien starten.

Ansonsten werden die nächsten Monate aus harter Arbeit für hunderte österreichische Vertreter bestehen. Es gilt, mehr als 2000 Sitzungen auf allen Ebenen - von EU-Gipfeln bis zu Arbeitsgruppen - zu leiten. Der nächste Schritt ist, den auf dem EU-Gipfel im Dezember gefundenen Kompromiss über die Finanzen für die Jahre 2007 bis 2013 tatsächlich umzusetzen. Dazu sind eine Verständigung mit dem EU-Parlament, das schon Vorbehalte angemeldet hat, sowie eine Aufteilung der Grundsatzvereinbarung in konkrete Politikbereiche und Projekte notwendig. Beim Frühjahrsgipfel im März wird die Umsetzung der Lissabon-Reformagenda auf dem Programm stehen. Schüssel hat in Interviews angekündigt, ein neues Thema auf die Agenda zu setzen: So solle die Rolle des Europäischen Gerichtshofs überprüft werden, da dieser systematisch seine Befugnisse ausgedehnt habe. (DER STANDARD, Printausgabe, 2.1.2006)